© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/13 / 22. November 2013

Gold bleibt ein unverzichtbares Investment
Vermögenssicherung: China akkumuliert mehr physisches Edelmetall denn je / Zentralbanken streben Inflationsimport an
Fabian Grummes

Zwei Jahre Baisse haben im Goldmarkt ihre Spuren hinterlassen. Das einst hippe Edelmetall scheint seinen Glanz verloren zu haben – jetzt spielt die Musik an den Aktienmärkten in New York und Frankfurt. Nicht nur das Interesse an Goldfonds und Goldminen ist deutlich zurückgegangen, auch American Eagle, Krügerrand, Wiener Philharmoniker & Co. scheinen an Anziehungskraft verloren zu haben.

Dies stimmt allerdings nur, wenn man auf die westlichen Teilnehmer am Goldmarkt sieht. Tatsächlich nutzten die Asiaten, allen voran China, die günstigen Preise, um massiv physisches Gold zu erwerben. Allein die Volksrepublik akkumuliert zusammen mit ihrer Sonderwirtschaftszone Hongkong in diesem Jahr rund 80 Prozent der Weltgoldproduktion.

Anscheinend trauen die Chinesen weder den salbungsvollen Worten des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, noch EU-Kommissionschef Manuel Barroso oder Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die alle behaupten, daß die Krise vorbei sei, nicht ganz. Wer jedoch von weniger Mißtrauen beseelt ist und davon ausgeht, daß die Euro-Zone zurück in ruhiges Fahrwasser findet, der sollte in der Tat auf ein Investment in Gold verzichten und lieber Aktien und Anleihen erwerben.

Geht man allerdings mit offenen Augen und Ohren durch unsere Welt, dann fällt es schwer, die süßen Versprechen vom Ende der Krise zu glauben. Zu groß sind die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schieflagen – diese bestehen weltweit, nicht nur in der Euro-Zone. Es sei nur an die Posse der Schuldenobergrenze in den USA erinnert. Über hundertmal wurde in der Vergangenheit das Defizitlimit angehoben, und es wird auch im Februar 2014 wieder passieren. Schließlich können die USA im Prinzip nicht pleite gehen, da sie – wie der frühere Fed-Chef Alan Greenspan erklärte – jederzeit das benötigte Geld drucken können.

Entsprechend wird die US-Notenbank auch nicht auf die monetäre Bremse treten, sondern im Gegenteil mittelfristig vermutlich sogar für noch mehr Stimuli sorgen. Weltweit versuchen die Zentralbanken mit aller Macht, die Inflationsraten wieder steigen zu lassen, um so die deflationären Tendenzen in den Griff zu bekommen. Diese sind Folge der wirtschaftlichen Depression vieler, vor allem westlicher Staaten. Dabei dienen Währungsabwertungen nicht der Kräftigung des Exports, wie häufig fälschlicherweise zu lesen ist, sondern dem Inflationsimport. Dieser ist so wichtig, da in einem deflationären Umfeld die in Relation zum Bruttoinlandsprodukt gemessene Staatsschuldenquote immer weiter steigt. Südeuropäische Staaten wie beispielsweise Italien machen gerade diese Erfahrung.

An sich gibt es nur zwei Möglichkeiten der Bereinigung – entweder ein deflationärer Kollaps oder eine Systembereinigung mittels Inflationierung. Dabei ist Inflation die politisch gewollte Lösung von Wirtschafts- und vor allem Überschuldungskrisen, und man darf getrost davon ausgehen, daß es auch dieses Mal wieder gelingen wird, die Inflationsraten zum Steigen zu bringen. Allerdings werden die Deflationskräfte mit jeder Krise größer, da diese den natürlichen Weg einer Marktbereinigung darstellen. Die Zentralbanken sind somit zu immer aggressiveren Maßnahmen gezwungen. Damit aber wächst auch die Gefahr, dabei über das Ziel hinauszuschießen und die Kontrolle über die Teuerungsentwicklung zu verlieren. Aus dieser Perspektive gehört Gold nach wie vor in jedes Portfolio – allerdings ausschließlich physisch und mit direktem persönlichem Zugriff.

Für den Anleger stellt sich somit die Frage, wo wir im Zyklus stehen und ob sich ein erster, vorsichtiger Einstieg bereits wieder lohnt. Ich hatte im Mai prognostiziert, daß Gold noch weiter fallen könne (JF 20/13) und der Wert von 1.050 US-Dollar dabei ein wichtiger Markstein ist. Ganz so weit kam der Goldpreis nicht zurück, und bisher wurde das Tief von Ende Juni bei rund 1.180 US-Dollar nicht mehr erreicht. Tatsächlich scheint es so, als sei Gold seitdem in einer Bodenbildungsphase.

Hierfür gibt es mehrere Hinweise. Zunächst einmal der bereits erwähnte enorme chinesische Import. Als Gold im Frühsommer abstürzte, wurde der Markt durch die massive physische Nachfrage in bisher unbekanntem Ausmaß unter Streß gesetzt: Die Preisdifferenz zwischen der Shanghai Gold Exchange (SGE) und der London Bullion Metal Association (LBMA) stieg in der Spitze auf vier Prozent, und die Gold Forward Offer Rates (GFOR) waren über einen außergewöhnlich langen Zeitraum negativ. Letzteres bedeutete, daß Dollars billiger als Gold zu leihen waren. Physisches Gold war also gefragt, und es fanden sich nur wenige Parteien bereit, ihr Gold zu verleihen. Dies deckt sich mit dem ersten Phänomen, welches darauf hindeutet, daß sehr viel physisches Gold aus dem Westen nach Fernost floß. Damit findet sich dieses Gold nun in „starken Händen“. Die Chinesen werden es nicht so schnell wieder abgeben.

Auch das extrem negative Sentiment spricht für eine Bodenbildung. Wer sich zu seinen Goldinvestments bekennt, erntet bestenfalls mitfühlende Blicke, meist jedoch Hohn und Spott – eigentlich das ideale Umfeld für eine neue lang­anhaltende Aufwärtsbewegung. Auch darf man die fundamentale Situation der Minen nicht außer acht lassen. Insbesondere bei den großen Unternehmen liegen die realen Produktionskosten, also inklusive aller Aufwendungen, deutlich jenseits der 1.500 US-Dollar. Dieses Problem wird entweder dadurch gelöst, daß die Preise steigen – oder aber das Metall irgendwann vom Markt verschwindet.

Trotz dieses optimistisch stimmenden Gesamtbildes sollte man sich als Anleger keinerlei Illusionen hingeben: Es wird noch einige Zeit dauern, bis der Markt den Absturz verdaut hat – zu einem Angriff auf das Allzeithoch wird es so schnell nicht kommen. Vielmehr ist mit einer langwierigen und zermürbenden Seitwärtsbewegung zu rechnen.

Dennoch sollten gerade Anleger, die noch über gar kein Gold verfügen, es den Chinesen nachmachen. Das Edelmetall ist aufgrund seiner Eigenschaften eine ideale Versicherung und somit ein unverzichtbarer Baustein eines jeden Portfolios. Zudem stellt es das geeignetste Vehikel dar, um Teile seines Vermögens in ein neues, wie auch immer geartetes Währungssystem zu retten.

 

Fabian Grummes war Redakteur des Wirtschaftsmagazins Smart Investor. Seit 2012 ist der Edelmetallexperte als Analyst, Händler und Investor selbständig tätig.

Foto: Gold im Ausverkauf: Gold befindet sich in einer langwierigen Bodenbildungsphase, das Allzeithoch von fast 1.900 Dollar scheint in weiter Ferne

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