© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/13 / 13. Dezember 2013 u. 01/14 / 20. Dezember 2013

Täter ist Opfer
Berliner Polizisten klauen jetzt Passanten in nachgestellten Videos ihre Geldbörsen, damit kein Rassismus geschürt wird
Ronald Gläser

Nach der Weihnachtsfeier ging es im Taxi heimwärts. Der Fahrer („Ick bin türkischer Berliner, wa?“) hatte gerade eine Gruppe potentieller Fahrgäste abgewimmelt und begann sofort auf sie zu schimpfen: „Diese Zigeuner, die wollten zu sechst mitfahren, darunter zwei Babys. Dat geht doch nich.“ Abgesehen von der Begrenzung der Fahrgastzahl (auf fünf) sorgt er sich um seinen Wagen, sein Handy, sein Navi: „Die klauen doch alle.“

Eine so bodenständige Lagebeurteilung ließe allen Integrationsbeauftragten sofort die Haare zu Berge stehen. Deswegen darf nichts getan werden, was Vorbehalte gegenüber bestimmten Zuwanderergruppen befeuern könnte. Und so mußte die Berliner Polizei ihr Video zurückziehen, mit dem in Berlin vor Taschendieben gewarnt wurde (JF 51/13). Der Kurzfilm zeigte drei Originalszenen mit Langfingern – aufgenommen von Überwachungskameras. Alle Täter hatten eine dunklere Hautfarbe.

Das geht gar nicht. Die Polizei hat das Video auf linken Druck hin zurückgezogen. Nun werden die Szenen darin extra nachgestellt. Deutsche werden die Diebe spielen, damit durch das Video kein Rassismus geschürt wird. Und weil die politisch korrekte Realität immer öfter die Satire schlägt, werden es Polizisten sein, die sich als fiktive Langfinger betätigen.

Wieder einmal hat die Wirklichkeit George Orwells Schreckensvisionen eingeholt. Straftaten werden zwangsgermanisiert, um das selbstgestrickte Bild des Edlen Wilden nicht zu gefährden. Und im nächsten Polizeibericht darf natürlich nicht mehr stehen, die Zunahme der Taschendiebstähle sei auf den „verstärkten Zustrom rumänischer und bulgarischer Tätergruppen“ zurückzuführen. Sicherlich findet sich da eine neutrale Formulierung, die die Benachteiligung der Zigeuner durch die umbarmherzige deutsche Mehrheitsgesellschaft thematisiert.

Den türkischen Taxifahrer würde diese Argumentation wohl eher nicht überzeugen.

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