Im Geiste Scharnhorsts
Klaus Hornungs Buch über den Heeresreformer
Matthias Bäkermann

Die Wehrpflicht gilt offiziell als ausgesetzt, nicht als abgeschafft. Dennoch dürfte bei den politisch Verantwortlichen dieses Modell der Armee endgültig abgehakt sein. Auch die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die in einer ersten Wortmeldung „die Vereinbarkeit von Familie und Beruf von weiblichen Soldaten“ als ein vordringliches Problem der Bundeswehr erkannte, wird den Staatsbürger nicht wieder in die Uniform pressen wollen. Männern wie Heinz Karst, Brigadegeneral und einer der Gründerväter der Bundeswehr, würde ohnehin ein derartiges „Job“-Denken gegen den Strich gehen, weil es dem „Geist Scharnhorsts“ widerspräche, mit dem Karst nach 1956 den „Staatsbürger in Uniform“ in die neue Armee brachte.

Der Politikwissenschaftler Klaus Hornung setzt ein dezentes Ausrufezeichen, wenn er die im 200. Jahr der Befreiungskriege erschienene dritte Auflage der Biographie des „Soldaten, Reformers, Staatsmannes“ Gerhard von Scharnhorst (Bechtle-Verlag 1997) diesem deutschen Offizier des 20. Jahrhunderts widmet.

Tatsächlich würde wohl auch der große Heeresreformer Scharnhorst, dessen Tradition man in der Bundeswehr noch hochhält, in einer Berufsarmee für Interventionskriege einen Rückschritt erkennen. In den Koalitionskriegen imponierten den aus dem Hannoverschen stammenden Offizier die siegreichen Franzosen, die mit dem Schwung ihrer Levée en masse die Truppen der Alliierten das Fürchten lehrten. Als Napoleon 1806 in Jena und Auerstedt mit ähnlichem Elan die preußischen Truppen hinwegfegte, konnte sich Scharnhorst mit seinen Ideen von einer modernen Streitkraft und seinem Organisationsgeschick in Preußen verwirklichen.

Hornung beschreibt mitreißend und eindrucksvoll den Werdegang Scharnhorsts. Dabei gelingt dem Autor in seiner schön ausgestatteten Biographie vortrefflich, das geistige Klima des beginnenden 19. Jahrhunderts zu vermitteln, das neben dem Heeresreformer mit Stein, Hardenberg, Gneise-nau, Clausewitz oder Fichte einen ganzen Reigen ähnlicher Motoren des Aufbruchs aufbot. Das Schicksal erlaubte es Scharnhorst nicht, die Früchte seines Reformwerkes zu bestaunen, da er im Juni 1813 einer Verwundung erlag.

Klaus Hornung: Scharnhorst. Soldat–Reformer–Staatsmann. Verlag, Druffel & Vowinckel, Gilching 2013, gebunden, 318 Seiten, Abbildungen,
19,95 Euro

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