© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/14 / 10. Januar 2014

Grüße aus Bern
Gefeierter Politclown
Frank Liebermann

Politclowns gibt es in allen Staaten Europas. So werden gemeinhin Politiker bezeichnet, deren Ansichten nicht allzu ernst zu nehmen sind. Silvio Berlusconi oder Beppo Grillo in Italien gelten als solche, genauso wie Martin Sonneborn von der PARTEI, die das Ziel hat, die Mauer wiederaufzubauen.

Auch in der Schweiz gibt es diese Gattung Politiker. Alexander Tschäppät ist seit 2004 Bürgermeister der Stadt Bern und wurde bereits dreimal in seinem Amt bestätigt. Dem umtriebigen Sozialdemokraten kommt immer wieder sein launiges Mundwerk in die Quere.

Ein kleiner Witz über die Arbeitsmoral von Italienern erregte die Berner Gemüter.

Als Regierungssitz, kulturelle Metropole und mit Spitzensportvereinen im Fußball und Eishockey gibt es in Bern immer viel zu feiern. Und wo gefeiert wird, da gibt es berauschende Getränke. 2010 war dies so, als der Berner Fußballclub Young Boys die wenig beliebten Zürcher schlug. Bei der Siegesfeier sang der Berner Stadtpräsident das Lied „Sämi Schmid Motherfucker“ mit, welches er um den Namen des SVP-Spitzenpolitikers Christoph Blocher erweiterte. Diese Diffamierung des politischen Gegners wurde bekannt und sorgte für Schlagzeilen. Allerdings zeigte Tschäppät Größe. Er lavierte nicht herum. Unumwunden gab er seine „Verfehlung“ zu und entschuldigte sich öffentlich.

Nun erkannten sogar Profis die clownesken Züge des Berner Magistraten. Tschäppät durfte einen öffentlichen Comedy-Auftritt hinlegen, der anschließend auf Youtube veröffentlicht wurde. Dort thematisierte er die Arbeitsmoral von Italienern, der größten Ausländergruppe in der Schweiz, mit folgendem Witz: „Übrigens, wissen Sie, warum die Italiener so klein sind?“ Die Antwort: „Weil ihnen die Mütter stets sagen: Wenn du mal groß bist, mußt du arbeiten gehen.“ Seitdem toben die Leserbriefschreiber. Diskriminierend und rassistisch sei dies, vor allem für einen linken Politiker, während die anderen meinen, das sei Humor und man müsse sich nicht so anstellen. Ein Anwalt verklagte ihn sogar wegen Rassendiskriminierung, nicht wegen schlechten Humors.

Überrascht ist in Bern über die Ausfälle allerdings niemand. Schließlich weiß hier jeder alles über jeden, niemand spricht aber darüber. Tschäppät ist auch deshalb so beliebt, weil er etwas Abwechslung in die ruhige Stadt bringt. Nachhaltig geschadet hat ihm keiner seiner Auftritte. Im Gegenteil. Die meisten Berner warten schon darauf, was er als nächstes liefert.

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