© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/14 / 10. Januar 2014

Die neuen Kolonialherren kommen
Brasilien verlegt Sojaplantagen ins ostafrikanische Mosambik / Japaner helfen bei Modernisierung durch Monotonisierung
Tim Albrecht

Ungeachtet des sich versteifenden regionalen Widerstands und unbekümmert um die breite Kritikerfront expandiert die globale industrielle Landwirtschaft. Vornehmlich im globalen Süden, aber inzwischen auch in Europa (JF 43/13) versorgt sie sich durch Kauf oder Pacht mit Agrarflächen. Dieser von Kritikern als „Landraub“ (land grabbing) geächtete, von der Weltbank, Entwicklungspolitikern sowie den meisten Regierungen Afrikas und Asiens hingegen unterstützte Strategie transnationaler Agrarkonzerne, auf den Besitz von Millionen Kleinbauern zuzugreifen, scheint jetzt im ostafrikanischen Mosambik neue Erfolge verbuchen zu können.

Wie der Südamerikakorrespondent Andreas Behn berichtet (Welt-Sichten, 10/13), werde der brasilianische Agrarkonzern SLC Agrícola, einer der größten Landbesitzer im Amazonasstaat, 2015 in Mosambik auf fünf Millionen Hektar mit der Sojaproduktion beginnen. Dort, wo bereits der halbstaatliche Ölkonzern Petróleo Brasileiro Zuckerrohr anbauen lasse und eine Äthanolfabrik betreibe. Ähnliche klimatische Bedingungen, die verbindende portugiesische Sprache und staatliches Pachtland, das pro Hektar für zehn Dollar jährlich zu haben ist, bieten den Brasilianern ideale Bedingungen.

Was wird aus den vier Millionen Kleinbauern?

Mit im Boot sitzen die brasilianische und japanische Regierung, die mit dem in Mosambiks fruchtbarem Norden angesetzten Entwicklungsprojekt Prosavana eine Neuauflage von Proceder starten, einem Gemeinschaftsprojekt beider Länder, das zwischen 1979 und 2005 den Südwesten Brasiliens mit Soja-Monokulturen überzog und das in Paraguay, Uruguay und Argentinien ähnliche „Modernisierungen der Agrarwirtschaft“ bewirkte. Paraguay, wo der Sojaanbau heute 30 Prozent der Agrarfläche beansprucht, habe sich unter Proceder-Einfluß in eine „grüne Wüste“ verwandelt – inklusive Umweltschäden und Massenarbeitslosigkeit der Landbevölkerung. Wie in Brasilien seien allein die Agrar- und Gentechnikkonzerne nebst ausländischen Investoren Profiteure des Soja-Booms geblieben.

Auch in Mosambik stehen vier Millionen Kleinbauern den megalomanischen Soja-Planungen im Wege, die bereits mit Ausgaben für deren Umsiedlung kalkulieren. Wer bleibt, muß nach Anweisung der Investoren wirtschaften, verliert jegliche Autonomie und zahlt für die Deputate an Saatgut, Dünger und Pestiziden. Traditionelles Wissen, Anbaumethoden und die biologische Vielfalt gehören damit der Vergangenheit an, zu schweigen von den Optionen für eine ökologische Landwirtschaft. Aufzuhalten ist „Prosavana“ nicht mehr.

Japanische Düngerfabriken haben 2013 ihre Arbeit in Mosambik aufgenommen, der brasilianische Bauriese Odebrecht errichtet einen Flughafen, und „die erste Monokultur von Eukalyptusbäumen steht bereits“. Eine Wiederholung von Proceder finde statt, obwohl in Brasilien seit geraumer Zeit die fatalen Folgen der Soja- und Zuckerrohrplantagen offen zutage treten: „Biologische Vielfalt ging verloren, die Abholzung wurde stark beschleunigt, und Tausende Menschen wurden von ihrem Land in die Städte vertrieben. Mittlerweile sind die Böden ausgelaugt und aufgrund des Pestizideinsatzes das Grundwasser und viele Flüsse verseucht“ – dank der neuen Kolonisatoren aus Amerika und Asien.

„Agrarbarone für Afrika“, im christlichen Magzin Welt-Sichten, 10/13: welt-sichten.org/

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen