© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/14 / 17. Januar 2014

Hans-Olaf Henkel wechselt sich ein
Alternative für Deutschland: Der frühere BDI-Präsident erläuterte in Berlin, warum er der AfD beigetreten ist und ins Europaparlament will
Marcus Schmidt

Endlich wieder Berlin. Der Sprecher der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, dürfte am Dienstag einmal kräftig durchgeatmet haben, als er im völlig überfüllten Konferenzraum V im Haus der Bundespressekonferenz den Hauptstadt-Journalisten gegenübersaß. Das ungebrochene Interesse der Medien an seiner Partei zeigte ihm, daß er zumindest an diesem Tag zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.

Das war in den vergangenen Wochen nicht immer der Fall. „Zehn bis zwölf“ Landesparteitage habe er in den vergangenen Wochen besucht, berichtete Lucke in Berlin und es war ihm dabei anzumerken, daß diese Veranstaltungen nicht immer ein Vergnügen waren. Viel zu häufig mußte er dabei als Feuerwehrmann Streit unter seinen Parteifreunden schlichten – alleine zweimal in Hessen, zuletzt am Wochenende. Am Dienstag konnte er endlich wieder einmal über etwas Positives sprechen: über den schon in der vergangenen Woche bekanntgewordenen Eintritt des früheren BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel in die AfD. Dieser hatte die Partei bereits im Bundestagswahlkampf unterstützt, ohne ihr jedoch beizutreten. Da Henkel zuvor auch schon zeitweilig Partei für die FDP und die Freien Wähler ergriffen hatte ohne sich an diese zu binden, war das Engagement für die AfD von manchen Mitgliedern äußerst skeptisch betrachtet worden.

Um so größer daher die Freude in der Partei, daß Henkel am Dienstag doch noch den Mitgliedsausweis der AfD in die Kameras hielt. „Ich habe bisher immer nur von der Seitenlinie Vorschläge zur Veränderung in der Politik gemacht“, sagte Henkel. „Jetzt laufe ich als Mitglied der AfD-Mannschaft mit aufs Feld.“ Diese Entscheidung sei ihm nach den Erfahrungen mit der Partei und ihren Mitgliedern und Sympathisanten in den vergangenen Monaten leichtgefallen. „Die Teilnehmer der Großveranstaltungen, auf denen ich aufgetreten bin, stammten mehrheitlich offensichtlich aus der Mitte der Gesellschaft“, sagte Henkel. Das Bildungsniveau habe meilenweit über dem Durchschnitt gelegen.

Hessen kommt nicht zur Ruhe

Nun werde er sich im bevorstehenden Europawahlkampf, für den er sich auf dem Parteitag Ende Januar in Aschaffenburg um eine Kandidatur für das Europaparlament bewerben werde, mit vollem Einsatz engagieren. Um Interessenkonflikte auszuschließen, habe er unter anderem seine Ämter bei der Bank of America, der Continental AG und dem Konvent für Deutschland aufgegeben. Um ein Parteiamt werde er sich allerdings nicht bewerben, kündigte er an.

Henkel, der sich als „einstmals en­thu­si­as­tischer Befürworter des Euro“ bezeichnete, begründete seinen Eintritt damit, daß mit der AfD erstmals eine Partei eine Alternative zur Euro-Politik biete. Zwar habe die AfD auch keine Patentlösung für die Krise, aber alles sei besser als ein „Weiter so“, verdeutlichte Henkel. Seiner Partei räumte er für die bevorstehenden Wahlen noch bessere Chancen ein als bei der Bundestagswahl, bei der sie 4,7 Prozent erreicht hatte. Ein Erfolg bei der Europawahl werde der AfD Rückenwind für die 2014 anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen geben und die Partei endgültig politisch etablieren. Lucke kündigte zudem an, daß die AfD bei allen elf Kommunalwahlen in diesem Jahr ebenfalls antreten werde. Abseits von Berlin droht Lucke indes schon wieder neuer Ärger.

In Hessen traten am Wochenende eine Reihe mehrheitlich konservativer Mitglieder aus der Partei aus, darunter auch Vorsitzende von Kreisverbänden. „War die AfD angetreten, eine echte Alternative zum Mainstream der etablierten Parteien zu bieten, unterscheidet sie sich heute nicht mehr von ihnen“, heißt es in ihrer Austrittserklärung. Hintergrund sind die wochenlangen Grabenkämpfe im hessischen Landesverband. Auf einem Sonderparteitag in Gießen war am Wochenende der durch Rücktritte und Amtsenthebungen dezimierte Vorstand komplettiert worden. Der abgesetzte Landessprecher Volker Bartz, der eingestanden hatte, seine akademischen Titel nicht rechtmäßig erworben zu haben, kam seiner formalen Abwahl durch Rücktritt zuvor.

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