© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/14 / 17. Januar 2014

Grüße aus Santiago de Cuba
Verwirrter Obama
Alessandra Garcia

Das seltsame Plakat im Format A4 hängt an einer Haustür mitten im touristischen Zentrum von Santiago. „Obama, give me five!“, steht da in weißen Druckbuchstaben, und eine offene Handfläche ist abgebildet. Ein Angebot, zum lässigen Abklatschen, zu einem Neuanfang in den amerikanisch-kubanischen Nichtbeziehungen? Eine Reaktion auf den Händedruck zwischen Obama und Kubas Präsident Raúl Castro in Südafrika?

Die Fernsehbilder aus Johannesburg haben die Gemüter der Kubaner bewegt. Da beugt sich der große, schlanke Obama herab zu dem kleinen Comandante, ergreift dessen Hand und flüstert ein paar nette Worte. Ein Handschlag, der vielleicht die erste Geste zum Ende der Wirtschaftsblockade sein könnte, die beinahe so alt ist wie der Sieg der kubanischen Revolution?

„Wußte der US Präsident, wem er da so freundlich die Hand schüttelte?“

Ich habe da meine starken Zweifel. Ja, bin mir nicht einmal sicher, ob der innenpolitisch angeschlagene Obama wußte, wem er da so freundlich die Hand schüttelte.

Raúl Castro ist ja, im Gegensatz zu seinem Bruder Fidel, nicht gerade eine charismatische Persönlichkeit, und er trug bei den Trauerfeierlichkeiten für seinen ehemaligen engen Kampfgefährten Nelson Mandela einen Anzug und keine Uniform.

Ein Ende der Wirtschaftsblockade durch die USA, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern, freie Reisen für US-Touristen würden Kuba vor ungeahnte Herausforderungen stellen. Nicht nur vor politische, auch vor infrastrukturelle. Das Tourismusministerium hat schon mal durchrechnen lassen, was direkte Flug- und Fährverbindungen zwischen Miami und Havanna bedeuten würden: Die Hotels wären dem Ansturm nicht einmal gewachsen, wenn dafür die Kanadier und Europäer ausbleiben würden.

Doch trotz „handshake“ ist der kalte Krieg in der Karibik noch lange nicht vorbei. Denn „Give me five“ bezieht sich auf fünf Kubaner, die in einem auch in den USA umstrittenen Prozeß als Terroristen zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt worden sind. Gerardo, Ramon, Antonio, Fernando und René hatten sich in eine Organisation von Exil-Kubanern eingeschlichen und später vor Anschlägen gewarnt. Seit ihrer Verurteilung gelten sie in Kuba als Volkshelden. Jedes Schulkind kennt die Geschichte, schon weil an vielen Häuserwänden die Losung steht: „Libertad para los cinco.“

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