© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/14 / 17. Januar 2014

Musical im Trikot
Lobbyarbeit: Der Irrsinn um Thomas Hitzlspergers Bekenntnis zu seiner Homosexualität hat Methode
Jo Harpen

Das öffentliche Bekenntnis des früheren Fußball-Profis Thomas Hitzlsperger (31) zu seiner Homosexualität ist an Belanglosigkeit kaum zu übertreffen. Dennoch fielen die Reaktionen unter Sportlern, Politikern und in fast allen Medien überschwenglich aus. Die Bild-Zeitung und die linksalternative taz schlagzeilten gleichlautend „Respekt!“, die Bundesregierung und der britische Premierminister lobten Hitzlsperger für sein Coming-out, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sicherte ihm die „Unterstützung“ des gesamten Fußballs zu.

Hinter dieser Inszenierung steckt jedoch weit mehr als ein cleverer Schachzug der Homo-Lobby. In letzter Konsequenz geht es darum, die Stadien zu kontrollieren und die Fans zu politisch korrekten Staatsbürgern zu formen.

Bewußt habe er dieses Zeichen setzen wollen, ließ Hitzlsperger wissen. Und allerorten gaben Kommentatoren ihrer Hoffnung Ausdruck, nun mögen sich auch aktive Bundesligaspieler endlich outen. Warum eigentlich? Selbst Hitzlsperger räumt in seinem Interview mit der Zeit ein, daß die Gesellschaft in Deutschland inzwischen tolerant gegenüber Homosexuellen ist. Auch beruflich bringe ein öffentliches Bekenntnis zum Schwulsein Spielern wohl keine Nachteile mehr, sagt er.

Warum aber brauchen wir dann unbedingt weitere Outings? Ganz einfach, die aktuellen Ereignisse fügen sich in eine Kette von Bemühungen ein, den Fußballsport zu zivilisieren, zu entmännlichen. Die testosterongeschwängerten Bundesligastadien sind letzte Enklaven des originär Männlichen in einer mehr und mehr durchgegenderten Gesellschaft. Hier kämpfen und schwitzen Männer auf dem Platz, nicht mehr der Ehre, aber der Kohle willen. Hier wird gegrätscht und hier werden Rudel gebildet. Und vornehmlich in den Stehplatzkurven erwacht an jedem Spieltag das Aggressive im Mann, kaum durch tatsächliche Gewalt, sondern in Gestalt martialischer Auftritte, von Zigtausenden intonierter Schlachtgesänge, mit geballten Fäusten in den Himmel gereckt, einen Becher Bier in der anderen Hand.

Kritiker meinen, die großen Stadien böten eine Art Ersatz für die kriegerischen Auseinandersetzungen der Vergangenheit. Das ist stark übertrieben, denn auch wenn es jedesmal für Schlagzeilen sorgt, findet echte Gewalt in den Stadien der ersten und zweiten Bundesliga kaum noch statt. Und wenn, dann leider immer im Zusammenhang mit einigen wenigen Vereinen wie Dynamo Dresden, deren stimmgewaltiger und leidenschaftlicher Anhang insgesamt unter dem asozialen Verhalten einer kleinen Gruppe von Hooligans leidet.

Es ist diese Leidenschaft und Aggressivität, dieses betont Männliche, das die Frauenbeauftragten, Genderforscher und die sie fördernden Politikerinnen verrückt macht. Ihre intensive Lobbyarbeit und der komplett fehlende Widerstand politischer Kräfte sind es, die Funktionäre wie den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger dazu verleiteten, Homosexualität zu einem zentralen Problem des deutschen Fußballs zu erklären.

Was das eigentliche Problem ist? Für Thomas Hitzlsperger war es nach eigenen Angaben zum Beispiel, daß Mitspieler bisweilen von einem „schwulen Paß“ sprachen. Andere verweisen auf Sprechchöre, in denen Schiedsrichter als „schwule Sau“ geschmäht werden. So etwas gibt es tatsächlich, und es ist oft übel. Aber in Stadiongesängen werden Schiedsrichter auch als „schwarze Sau“ beschimpft, Anhänger von Werder Bremen als „grün-weiße Scheiße“ und Linienrichter als „Blinde“.

Das muß man wahrlich nicht mögen, aber es gehört zum Ritual. Und genaugenommen ist es harmlos, was man zum Beispiel auch daran sehen kann, daß es inzwischen eine Reihe von Fanclubs für homosexuelle Anhänger der Vereine gibt.

Fußballfans sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Und die Deutschen haben in ihrer übergroßen Mehrheit längst ihren Frieden mit der Homosexualität gemacht. Aber das reicht den politischen Umerziehern nicht. Sie wollen die Kontrolle, sie wollen aus Fußballspielen eine Art Musical im Trikot machen, wo in der Halbzeit statt phallischen Grillwürsten vegane Köstlichkeiten aus wiederverwertbaren Papiertütchen gereicht werden.

Deshalb fordern sie auch, die Stehplatzränge abzuschaffen und Alkohol in Stadien zu verbieten. Und deshalb wollen sie uns Fans erziehen, Frauen-fußball zu lieben, diesen angeblich viel ästhetischeren Sport, wo es kaum Fouls und Verletzungen gibt, wo die spielerische Eleganz über den brutalen Kampf triumphiert. Und wo es furchtbar langweilig ist.

Um nicht mißverstanden zu werden: Wer Frauenfußball mag, soll zuschauen. Aber zu einem Spiel der deutschen Frauen-Bundesliga kommen durchschnittlich gut 800 Zuschauer, bei den Männern sind es 40.000. Klar, bei der Frauen-WM waren die Stadien voll – der Versuch, eine Art zweites „Sommermärchen“ zu erzeugen, scheiterte aber trotz medialer Befeuerung kläglich.

Das originär Männliche soll in unserer Gesellschaft an den Rand gedrängt werden. In Schulen und Universitäten ist das bereits weitgehend gelungen, Quoten sollen verbindlich eingeführt werden, die neue Verteidigungsministerin sieht als wesentliche Aufgabe unserer Armee die Einführung verbesserter Teilzeitarbeit für weibliche Soldaten an. Das ganze Land ein einziger „Girl’s Day“. Und nun der Fußball. Wann kommt das Verbot, Fan-Trikots zu tragen, weil sie wie eine Uniformierung wirken? Wann wird auf Stadiontoiletten die Sitzpflicht für Männer eingeführt?

Wer weiß, vielleicht wird ja demnächst auch das Auspfeifen von Politikern, die bei Besuchen im Stadion über Lautsprecher begrüßt werden, gegnerischen Spielern und Schiedsrichtern verboten. Und nicht nur den Homosexuellen unter ihnen …

Foto: Thomas Hitzlsperger im WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Rußland (2008): Er möchte lieber mit einem Mann zusammenleben

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