© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/14 / 17. Januar 2014

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Was braucht ein guter Film? Neuerdings nicht viel. Es genügen: ein einziger Schauspieler, eine Segelyacht und die endlose Weite des Indischen Ozeans „1.700 Seemeilen vor Sumatra“. Dialoge: Fehlanzeige. Regisseur und Drehbuchautor J. C. Chandors setzt in seinem Drama „All is Lost“ ganz auf die Kraft der Bilder. Robert Redford spielt darin einen namenlosen Segler, der um sein Überleben kämpfen muß. Ein offenbar von einem Frachter heruntergefallener und jetzt auf dem Meer treibender Container hat dessen Yacht Virginea Jean beschädigt. Das in die Kajüte eindringende Wasser zieht auch das Funkgerät in Mitleidenschaft, es versagt seinen Dienst. Der Skipper kann das Leck zwar notdürftig abdichten, doch dann zieht ein Sturm auf ...

Daß ich dennoch zweimal kurz davor bin einzunicken, ist nicht dem Film geschuldet, sondern dem Kino. Der restaurierte und Ende November vorigen Jahres wiedereröffnete Zoo-Palast, einst über vier Jahrzehnte hinweg zentrale Spielstätte der Berlinale, bietet nach dem Umbau einen unglaublichen Komfort, allem voran breite Ledersessel mit nach hinten kippender Rückenlehne und viel Beinfreiheit. Das ist ebenso bequem wie für müde Seelen gefährlich, und während Robert Redford auf der Leinwand gegen das Ertrinken kämpft, kämpfe ich gegen meine Augenlider.

Dabei weiß der Film auf der ganzen Linie zu überzeugen. Wie es der 77jährigen Hollywoodlegende Robert Redford gelingt, ohne Worte allein mit seiner sparsamen Mimik und Gestik über gut 100 Minuten hinweg den Film zu tragen, ist staunenswert. Ob diese darstellerische Glanzleistung für eine Oscar-Nominierung gereicht hat, wurde von der Filmakademie zwar erst an diesem Donnerstag nach Redaktionsschluß bekanntgegeben. Einen herausragenden Platz im Lebenswerk Redfords wird der Film aber in jedem Fall einnehmen.

Unbedingt erlebenswert ist auch Slava Polunin. Der russische Clown verzaubert zusammen mit seiner Truppe weltweit von New York bis Sydney Menschen aller Altersklassen. Derzeit gastiert er im Berliner Admiralspalast mit „Slava’s Snowshow“, inklusive eines in den Saal gewirbelten Schneesturms, eines über die Köpfe der Zuschauer gespannten Spinnennetzes und verschieden großen Gummibällen, mit denen das Publikum beschäftigt wird. Staunend erlebe ich, wie Erwachsene am Ende der etwa 90 Minuten wieder zu unbeschwerten, glücklichen Kindern geworden sind. Zu sehen ist die Show noch bis zum 26. Januar.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen