© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/14 / 17. Januar 2014

Der Flaneur
Potsdamer-PlatzÜberraschungen
Ronald Gläser

An einem Sommernachmittag mußte ich mal am Potsdamer Platz an einer roten Ampel anhalten. Mist. Grünphase nicht gekriegt.

Aber dann wurde ich durch ein Schauspiel der besonderen Art für die Wartezeit entschädigt. Neben mir stand ein knallgelbes Luxus-Cabrio. Seltene Marke, Ferrari oder teurer. Darin zwei Jungs, die wohl gerade ihren Führerschein gemacht hatten. Plötzlich hält ein Mittelklassewagen quer vor dem PS-Panzer, und drei Typen springen raus.

Sofort ziehen die drei Männer ihre Schußwaffen und zerren die beiden Kerle – dem Aussehen nach Türken oder Araber – aus der Nobelkarosse. Ende einer Spritztour. Vermutlich war der Wagen „ausgeliehen“, und die zwei Insassen hatten „vergessen“, Bescheid zu sagen. Die drei Männer waren Beamte in Zivil, ihre Pistolen Dienstwaffen.

Oh, er hat gesehen, daß ich nicht angeschnallt bin und beim Fahren fotografiert habe.

Damals habe ich mir geschworen, nie mehr ohne Fotoapparat unterwegs zu sein. Und wenn es nur eine Fahrt zum touristenverseuchten Potsdamer Platz ist.

Gesagt, getan. Jetzt bin ich tatsächlich wieder am Potsdamer Platz in eine Sache geraten, die nicht vorhersehbar war: Im Tiergartentunnel unter dem Platz geht es plötzlich immer langsamer voran. Nach einer Minute zähflüssigem Verkehr sehe ich, daß eine Spur gesperrt ist. Blaulicht. Ein Twingo steht auf der rechten Spur, davor ein Taxi, das dort falsch herum steht. Was ist hier wohl passiert? Vermutlich sind die beiden Fahrer irgendwie in Streit geraten, und die Polizei muß schlichten. Ich hole die Kamera raus und mache Fotos. Von den Polizisten, der Unfallstelle oder was auch immer das ist. Da sehe ich plötzlich die rote Kelle des Polizisten und seinen erhobenen Arm. Oje, er hat gesehen, daß ich nicht angeschnallt bin und beim Fahren fotografiert habe – bestimmt gibt es dagegen auch schon ein Gesetz in Deutschland.

Ich lege mir bereits eine Verteidigungsrede zurecht und bereite mich auf die Standpauke des Uniformierten vor. Da zeigt er mit der Hand auf die rechte Fahrspur und weist mich an, zügig weiterzufahren. Da habe ich noch mal Glück gehabt. Mißfelder (rechts) und sein Stellvertreter Benedict Pöttering

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