© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/14 / 31. Januar 2014

Umwelt
Grüne Erkenntnis
Heiko Urbanzyk

Ralf Fücks hat es bei den Grünen weit gebracht. Das frühere Mitglied des verfassungsfeindlichen Kommunistischen Bundes Westdeutschland ist im Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung und war für seine Partei Bürgermeister und Umweltsenator von Bremen. Doch seine Ansichten zum Wirtschaftswachstum dürften ihm nicht nur unter urgrünen Weggefährten einigen Widerspruch einbringen. Fücks tingelt derzeit durchs Land und stellt sein aktuelles Buch „Intelligent wachsen“ vor. Mitte Januar führte ihn sein Weg ins westfälische Coesfeld. Wie versorgen wir bald neun Milliarden Menschen? Für Fücks ist klar: Durch moderne Technik lassen sich alle Probleme lösen. Qualitatives, ökologisch orientiertes Wachstum sei die Devise, Effizienzsteigerungen und Dezentralität die Lösungen der zukünftigen Rohstoff- und Energieprobleme. Ein Verzicht auf Wirtschaftswachstum würde kein einziges Problem aus der Welt schaffen.

Über bloße Umverteilung von Reichtum sei der Sozialstaat nicht aufrechtzuerhalten.

Seine Begeisterung für Technik und Wachstum, weiß Fücks zu berichten, stoße unter Ökologen noch immer auf Ablehnung. Damit befände sich seine Partei im „Wachstumsdilemma“. Man solle sich die sozialpolitischen Forderungen im Programm der Grünen anschauen: „Das sind lauter ungedeckte Wechsel auf künftiges wirtschaftliches Wachstum.“ Denn die zur Wahl versprochene Expansion des Sozialstaats sei bei gleichzeitiger ökonomischer Schrumpfung gar nicht finanzierbar. „Das ist ein Widerspruch in sich“, dem sich die Grünen überhaupt nicht stellen würden. Über bloße Umverteilung sei der Sozialstaat nicht aufrechtzuerhalten. Nach 20, 30 Jahren käme es zum „DDR-Phänomen“: Die Substanz werde aufgezehrt und das System wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Alles andere zu behaupten sei „ökonomisches Abrakadabra“. Für einen ehemaligen Hardcore-Kommunisten eine große Erkenntnis.

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