© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/14 / 07. Februar 2014

Antiker Kampf der Kulturen
Die Ausstellung „Imperium der Götter“ im Badischen Landesmuseum Karlsruhe zeigt den lebendigen Pluralismus der Religionen im Römischen Reich
Felix Dirsch

Bis heute ist nicht restlos geklärt, warum sich das Christentum auf den antiken Kultmärkten durchsetzen konnte. Das herauszufinden ist längst eine interdisziplinäre Aufgabe, der sich unter anderem die historisch ausgerichtete Religionsökonomie widmet. Evident sind die Ursachen für den Siegeszug der Christen keineswegs. Zwar wurde die frühe Kirche nicht die ersten drei Jahrhunderte bis zur sogenannten konstantinischen Wende permanent von der römischen Staatsgewalt angefeindet; jedoch waren einzelne Verfolgungsperioden, in denen das Blutzeugnis an der Tagesordnung war, in diesem Zeitraum um so verlustreicher. Man kann nicht annehmen, daß eine solche prekäre Existenz attraktiv war. Nichtsdestoweniger gab es gute Gründe, Christ zu werden. Dazu zählte das karitative Engagement, der Gedanke der Geschwisterlichkeit und Gleichheit „in Christo“ (Paulus) – Frauen waren im Unterschied zu etlichen anderen Kulten vom Gottesdienst nicht ausgeschlossen! –, aber auch die besondere Bedeutung, die die Hoffnung auf die Auferstehung und auf das künftige Leben in der Glaubensdoktrin einnahm.

Das zuletzt erwähnte Bedürfnis der Jenseitsorientierung, die unter den nach der Zeitenwende in oft tristen Umständen lebenden Menschen häufig anziehend wirkte, wurde nicht ausschließlich vom Christentum befriedigt. Bereits im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt strömten aus dem Orient religiöse Praktiken nach Rom. Sie stellten mehr und mehr eine Konkurrenz für den herkömmlichen Götterkosmos mit der Trias Jupiter, Juno und Minerva an der Spitze dar. Diesen „orientalischen Religionen“ (Franz Cumont), vornehmlich dem Isis-, Magna-Mater- und Mithras-Kult sowie den Verehrern von Jupiter Dolichenus, gelang es, gleichzeitig Sinne und Gefühl, Intelligenz und Bewußtsein der Gläubigen anzusprechen. Das Christentum setzte sich im Windschatten dieser neuen Götterverehrung durch. Diese Konkurrenz war eine wichtige Herausforderung für die junge Kirche. Weiterhin ist der Konflikt mit dem seit Cäar und Augustus (primär in den östlichen Teilen des Reiches) an Bedeutung gewinnenden Kaiserkult zu nennen.

Die Auseinandersetzung um den wahren Gott zwischen dem Isis- und dem Mithraskult sowie dem Christentum wird derzeit von einer Ausstellung in Karlsruhe thematisiert. Sie ist einerseits übersichtlich, da sie sich mit einer Auswahl von herausragenden Kulten beschäftigt, andererseits präsentiert sie eine Fülle an sehenswerten Exponaten, die allesamt gut erhalten sind. Das ist bei Relikten aus einer so weit zurückliegenden historischen Periode keinesfalls selbstverständlich.

Von Anatolien über Griechenland nach Rom gelangte die „Mutter der Götter“, auch Kybele genannt. Die Bedeutung dieser weiblichen Gottheit verdeutlicht eine Karte, die die vielen bekannten Orte im ganzen Reich, an denen ihr geopfert wurde, aufzeigt. Es bildete sich sogar ein staatlich anerkannter Kult.

Der Mithras-Kult stammte ursprünglich aus dem persischen Raum und wurde in Rom in einer spezifischen Variante praktiziert. Der (Licht-)Gott, der einen Stier tötet und dadurch Leben schafft, fand besonders in Soldatenkreisen Anklang. Die Eucharistiefeier im Christentum war dem Mahl im Mithras-Kult so ähnlich, daß der Kirchenvater Tertullian von dieser „Irrlehre“ sich polemisch abgrenzte. Lange existierte ein heftiger Wettstreit um das „wahre Brot“ (Manfred Clauss).

Eines der wichtigsten Ausstellungsstücke ist die Darstellung eines Mi-thras-Kultraumes. Die Überreste eines Mithräums wurden in Güglingen bei Heilbronn gefunden und teilweise nachgebildet. Dabei handelt es sich um einen „Speisesaal“. Rechts und links eines Ganges befinden sich Liegebänke für die Teilnehmer der Versammlung. Der Mithras-Gott ist Gastgeber für seine Anhänger. Eine Karte zeigt die Ausdehnung dieses Kults im Römischen Reich. Seine Stärke verdeutlicht auch ein heute noch diskutiertes Zitat des Religionshistorikers Ernest Renan aus dem 19. Jahrhundert, das unterstreicht, bei einer hypothetisch angenommenen Dezimierung des Christentums wäre die später abendländisch-westliche Welt statt christus- nunmehr mithrasgläubig geworden.

Am Ende des Rundganges findet sich ein faszinierender Einblick in das frühe Christentum und dessen Vielfalt. Prächtige Fragmente von Sarkophagen sind ebenso zu bestaunen wie Bescheinigungen auf Papyri. Letztere wurden in manchen Fällen von Christen gekauft, die nicht das Martyrium erleiden wollten, das jeden traf, der nicht vor dem Kultbild des Kaisers opfern wollte. Die „libellatici“ waren die lauen Gläubigen ihrer Zeit. Dem Besucher beschleicht spätestens an dieser Stelle ein Déjà-vu-Gefühl.

Neben der ausgezeichneten museums-pädagogischen Aufbereitung ist der opulent gestaltete Ausstellungskatalog hervorzuheben. Etliche Experten von internationalem Rang, etwa die beiden Althistoriker Alexander Demandt (Berlin) und Manfred Clauss (Köln), haben daran mitgewirkt.

Die Ausstellung „Imperium der Götter“ ist bis zum 18. Mai im Badischen Landesmuseum Karlsruhe täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Telefon: 0721 / 9 26 65 20

www.landesmuseum.de

Foto: Kultrelief unter Santo Stefano Rotondo, Ende 3. Jahrhundert: Gott Mithras bei der Stiertötung

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