© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/14 / 07. Februar 2014

Umwelt
Heimische Goldgruben
Heiko Urbanzyk

Den Neukauf von Elektrogeräten hält der Wirtschaftswissenschaftler Karl-Heinz Paqué (Uni Magdeburg) im Gegensatz zur ewigen Nutzung alter Produkte für ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Er nennt das „qualitatives Wirtschaftswachstum“. Im Interview mit Umwelt & Aktiv (Ausgabe 4/2013) gibt der ehemalige FDP-Finanzminister von Sachsen zu bedenken, daß der Schrott nach Möglichkeit wiederverwertet werden sollte. Hierfür gebe es jedoch „nicht immer genügend ökonomische Anreize – man denke z. B. an die ‘seltenen Erden’ in Mobiltelefonen“.

Das Elektrogesetz verpflichtet die Hersteller von Elektrogeräten zur Rücknahme.

Damit trifft Paqué voll ins Schwarze. Bitkom, der Verband der IT-, Telekommunikations- und Neue-Medien-Branche verzeichnete schon im Jahr 2011 alleine in Deutschland über 83 Millionen ungenutzte Handys in den Schubladen. 2010 waren es noch 72 Millionen; 2013 sollen es bereits über 86 Millionen sein. Dazu kommen 20 Millionen ausrangierte Computer. Es sind heimische Goldgruben! Mehr als 80 Prozent der Bestandteile der Geräte sind laut Bitkom wiederverwertbar. Es liegen alleine in Form alter Funktelefone umgerechnet über vier Tonnen Gold, 42 Tonnen Silber, 2.700 Tonnen Kupfer, 1.600 Tonnen Aluminium und 148 Tonnen Zinn bei den deutschen Verbrauchern herum.

Das Elektrogesetz in Deutschland und weitere ab 2014 umzusetzende EU-Richtlinien verpflichten die Hersteller von Elektrogeräten zunehmend zur kostenlosen Rücknahme. Der Export ist verboten. Während andere über den Aufwand stöhnen, frohlockt das Magazin Markt & Mittelstand: „Trotz geringem Einzelwert kann dies in der Masse der Produkte einen stattlichen Wert ausmachen. Für den Verkauf der Elektro-Altgeräte gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Plattformen.“ Fragt sich, wie man die Deutschen überzeugen soll, ihre Millionen Altgeräte freiwillig für lau herzugeben.

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