© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/14 / 14. Februar 2014

Wie war das damals im Gulag?
Kommunismus-Museum: Eine amerikanische Internetseite zeigt, wie Erinnerungskultur aussehen sollte
Christian Schreiber

In den Vereinigten Staaten ist Lee Edwards ein bekannter Mann. 81 Jahre ist der Journalist, Buchautor und Politikberater mittlerweile alt. Doch zur Ruhe setzen will er sich noch lange nicht. Populär wurde Edwards vor allem aufgrund seiner Biographien über konservative US-Größen wie Ronald Reagan, Barry Goldwater oder William Buckley. Neben seinen politischen und publizistischen Tätigkeiten hat er sich Zeit seines Lebens mit den Schrecken des Kommunismus auseinandergesetzt. So ist er bis heute Vorsitzender der gemeinnützigen „Victims of Communism Memorial Foundation“ – zu deutsch „Vereinigung zum Gedenken der Opfer des Kommunismus.“

In den USA sind solche Organisationen trotz der DDR-Vergangenheit noch mehr als bei uns Bestandteil eines politischen Selbstverständnisses, das sich aus dem Geist des Kalten Krieges speist. Bekannteste Aktion der Organisation ist ein virtuelles Projekt mit dem Namen „Weltweites Museum des Kommunismus.“

Es ist die erste Seite ihrer Art im Internet, die die Geschichte des Kommunismus in umfangreichen Dokumentationen aufzuzeigen versucht. So wird an die 100 Millionen Opfer erinnert. Zudem bietet das Portal eine höchst umfangreiche Sammlung über die Verbrechen der linken politischen Ideologie. Es finden sich Informationen über die verschiedenen Spielarten des Kommunismus in 16 Ländern.

Die virtuellen Ausstellungsräume zeigen darüber hinaus wichtige historische Ereignisse und dokumentieren die Schandtaten, die Diktatoren unter dem Banner des Kommunismus begangen haben und widmen sich den Helden, die diese Systeme erfolgreich bekämpft haben. Ein besonders großer Raum wird dem sowjetischen Gulag-System eingeräumt. Noch in der Aufbauphase ist dagegen eine Art virtuelle Gedenkseite.

Hier werden Namen und Daten der Opfer gesammelt und veröffentlicht. Dabei ist klar, daß diese Aufzählung bei geschätzt 100 Millionen Toten niemals auch nur annähernd vollständig sein kann.

Die Hintergründe der Organisation sind dabei beachtlich, ebenso die Förderer des Projekts. Die Foundation wurde durch ein Gesetz des Kongresses am 17. Dezember 1993 gegründet und durch den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton eingesetzt. Daß dieses Vorhaben unter der Präsidentschaft eines Demokraten durchgeführt wurde, überrascht nur auf den ersten Blick.

Republikaner und Demokraten stehen sich in antikommunistischer Tradition in nichts nach, lediglich bei der Frage nach der Annäherung während des Kalten Krieges gab es in den vergangenen Jahrzehnten unterschiedliche Auffassungen. Darüber schweigt sich das Internet-Museum aus. Stattdessen wird an berühmte Politiker erinnert, die sich in besonderer Weise gegen den Kommunismus engagiert haben. So finden sich auch die denkwürdigen Auftritte der US-Präsidenten John F. Kennedy („Ich bin ein Berliner“), Ronald Reagan („Mister Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder“) oder Bill Clinton („Berlin bleibt frei“) auf der Seite. Neben dem Internetportal erinnert in der US-Hauptstadt Washington in unmittelbarer Nähe des Kapitols ein Denkmal an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft. Es enthält eine drei Meter hohe Bronzereplik der Göttin der Demokratie, die von Studenten während der Proteste am Platz des himmlischen Friedens 1989 in Peking errichtet wurde.

Die Einweihung des Denkmals, welches ebenfalls von der Foundation realisiert wurde, übernahm im Jahr 2007 der damalige US-Präsident George W. Bush. Der Republikaner hat bis heute auch das Amt des Ehrenpräsidenten der „Victims of Communism Memorial Foundation“ inne.

Eigentlich war ein richtiges Museum geplant

Bei soviel prominenter Unterstützung sollte die finanzielle Umsetzung der Projekte eigentlich unproblematisch sein. Doch auch die Gedenkorganisation hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Ursprünglich sollte es nämlich ein wirkliches Museum geben und ein entsprechendes Begleitprogramm. Das ehrgeizige Ziel der Gründer war es, zur Umsetzung dieser Pläne 100 Millionen US-Dollar an öffentlichen Zuwendungen und Spenden zu erhalten. Dies erwies sich als unmöglich. So kam die abgespeckte Online-Lösung zustande.

Rührig sind die Organisatoren um Lee Edwards allemal. Ihnen geht es darum, die Erinnerung an die Toten des Kommunismus wachzuhalten: „Wir stammen aus einer Zeit, in der es für uns eine echte Bedrohung war. Die jungen Leute heute wissen davon nicht mehr viel. Daran arbeiten wir“, sagt Edwards, der vor allem Schulklassen – und dies „möglichst früh“ ansprechen möchte.

Da allerdings durchaus auch schockierende Bilder auf der Seite zu finden sind, ist diese nicht unbedingt für jede Altersgruppe geeignet. Für deutsche Besucher kommt erschwerend hinzu, daß das Angebot komplett in englischer Sprache gehalten ist. Verweise auf Partnerseiten in anderen Ländern sucht der Besucher leider ebenfalls vergebens.

Museum on Communism. www.globalmuseumoncommunism.org

Foto: Lee Edwards: Einer der wichtigsten Geschichtsschreiber der konservativen Bewegung und Macher der Seite

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