© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/14 / 21. Februar 2014

David Černý. Bei ihm bekommen alle ihr Fett weg, besonders aber die Kommunisten
Rotzfrech gegen Links
Paul Leonhard

Als Haupttriebkraft für sein Schaffen hat David Černý einmal das ständige und allumfassende Gefühl der Wut genannt. Diese Wut muß unmittelbar vor den tschechischen Parlamentswahlen wieder einmal groß gewesen sein. Wut über die korrupte Regierung, über die wiedererstarkenden Kommunisten, über deren Heuchelei, Lügen und Geschichtsvergessenheit. Und so war seine Skulptur – ein zehn Meter hoher, lilafarbener dreist gereckter Mittelfinger – auf die Prager Burg gerichtet, den Sitz des Präsidenten. Gegenüber einem Nachrichtenportal wurde der Aktionskünstler auch verbal deutlich: „Das ist ein Fucking-Zeichen für diese kommunistischen besch... Bastarde auf der Burg da oben!“

Gemeint ist vor allem Staatspräsident Miloš Zeman, eigentlich Sozialdemokrat, dem Černý allerdings bescheinigt, nicht nur „den ganzen Tag betrunken“, sondern vor allem „ein Schwein“ zu sein, das mit den Kommunisten kooperieren wolle, ja selbst ein „typisch kommunistisches Benehmen“ an den Tag lege. Daß Černý mit dieser Meinung nicht alleine steht, zeigte sein Auftritt auf einem Rockkonzert auf dem Prager Ring, zu dem 20.000 Menschen kamen. Gemeinsam warnte man vor dem wachsenden Einfluß der Kommunisten.

Seine politische Position habe mit seinen Erfahrungen zu tun, sagt der 1967 in Prag geborene Bildhauer. Wäre er in den USA aufgewachsen, würde er wohl dem dortigen „linken Flügel“ angehören. Da er aber in der Tschechoslowakei groß wurde, sagt Černý, etwa auf die Frage nach der politischen Stimmung in Prag, heute für deutsche Ohren ungewöhnliche Sätze wie: „Ich würde sagen, daß jeder in Prag rechts ist und etwas für intellektuelle Parteien übrig hat.“

Der 46jährige, der an der Prager Akademie für angewandte Kunst studiert hat, verbrachte mehrere Jahre im Ausland, sorgte mit künstlerischen Ideen auch in New York für Aufsehen. Allerdings kehrte er ernüchtert zurück, voller Sehnsucht nach dem Sinn seiner Landsleute für schrägen Humor und Ironie. Die Tschechen haben seine pinkelnden Männer, toten Pferde und rosa Sowjetpanzer ins Herz geschlossen.

Ganz anders die Eurokraten in Brüssel. Die bekamen 2009 von Černý ein Auftragswerk vorgesetzt, das sie gar nicht lustig fanden: ein Porträt aller Mitgliedsstaaten – alle fühlten sich beleidigt. Luxemburg wollte nicht als Goldnugget mit der Aufschrift „For Sale“ dargestellt werden, die Niederlande nicht als Überflutungsgebiet, aus dem nur noch einige Minarette herausragten. Bulgarien, als Collage aus türkischen Stehtoiletten symbolisiert, erwirkte eine Teilverhüllung.

In Deutschland wurde Černý vor allem für sein Werk „Quo vadis“ von 1990 bekannt: Es ist – jeder hat es schon mal gesehen – der „Trabbi“ auf vier Beinen und steht als Abguß im Garten der deutschen Botschaft in Prag.

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