© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/14 / 21. Februar 2014

Zeitschriftenkritik: Antike Welt
Soldaten prägten das Stadtbild Pompejis
Werner Olles

Wer je Pompeji oder Herculaneum besucht hat, wird sich wohl sein ganzes Leben an die beiden ältesten und berühmtesten „Touristenruinen“ unserer Welt erinnern. Die von Lava und Asche begrabenen Städte am Fuße des Vesuvs gehören zu den absoluten Besonderheiten der Region um Neapel. So zeugen nicht nur Johann Wolfgang von Goethes „Italienische Reise“, sondern auch Dokumente seines Vaters Johann Caspar und seines Sohnes August von einer außerordentlichen Liebe zu der Schönheit der Ruinen, Malereien, Fresken und Mosaiken. Über ein ganzes Jahrhundert beobachteten und beschrieben die drei Generationen der Goethe-Familie den Fortschritt der Ausgrabungen, registrierten aufmerksam und detailreich alle Veränderungen; ihre Texte lesen sich wie eine Chronik der Entwicklung des Tourismus von etwa 1740 bis ins mittlere 19. Jahrhundert. Während jedoch der einflußreiche Reisebericht von Johann Wolfgang von Goethe noch zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde, erlebten der Vater und der Sohn die Publizierung ihrer Werke nicht mehr. Diese wurden erst im 20. Jahrhundert publik.

Antike Welt, die zweimonatlich im Umfang von etwa 100 Seiten erscheinende „Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte“, befaßt sich in ihrer aktuellen Ausgabe (1/2014) in ihrem Titelthema mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Entdeckungen zu Pompeji. Im Editorial beschreibt Chefredakteur Holger Kieburg einige Projekte, die bei der Erforschung der beiden Vesuvstädte bislang kaum beachtet wurden. So beschäftigt sich David Griffith von der University of Leicester mit der Frage, wie das Leben in einer römischen Stadt nach Einbruch der Dunkelheit weiterging. Wie zahlreiche Funde belegen, gestatteten künstliche Beleuchtungsmittel offenbar Geschäftsleuten und Handwerkern, ihren Arbeitstag zu verlängern, wobei verschiedene fossile Brennstoffe aus organischem Material die Hauptenergiequelle bildeten, um Wärme und Licht zu erzeugen.

Während die Bauforscherin Christiane Brasse die Entwicklung des Befestigungssystems der sechs Jahrhunderte ummauerten Stadt vorstellt und eine internationale Forschergruppe textile Reste aus Purpur, Gold und Seide in der Asche fand, zeigt der Kölner Archäologe Salvatore Ortisi anhand neuer Funde, wie Soldaten, Leibwächter und Veteranen das Stadtbild und den Alltag prägten, auch nachdem Pompeji schon lange keiner militärischen Bedrohung mehr ausgesetzt war.

Über den letzten Weg des Königs Herodes berichtet ein weiterer Beitrag. Von unheilbarer Krankheit gezeichnet, starb der umstrittene König von Judäa und Freund des römischen Kaisers Augustus im Jahre 4 v. Chr. nach 36jähriger Herrschaft in seinem 70. Lebensjahr an heftigem Fieber, Geschwüren und Leibkrämpfen einen langsamen und qualvollen Tod. Eine Epoche war damit zu Ende, das Reich wurde geteilt und fortan von den drei Söhnen beherrscht.

Kontakt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Hindenburgstr. 40, 64295 Darmstadt. Tel. 061 51 / 7 85 87-41. Das Einzelheft kostet 12,80 Euro, das Jahresabo 66 Euro.

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