© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/14 / 14. März 2014

Frisch gepresst

Miegel. Das Boot Deutschland schwankt nach den Worten des Sozialwissenschaftlers Meinhard Miegel gewaltig. Bereits der Buchtitel „Hybris“ weist die diagnostizierten Defizite in Deutschland auf eine andere Ebene, als man es vom bekannten Mahner einer durch die Demographie „deformierten Gesellschaft“ zuerst erwarten würde. Er möchte auch nicht den Blick auf eine ökonomische Bestandsaufnahme richten, die seiner Meinung nach zu kurz greifen würde. Miegel sieht vielmehr die Uminterpretation eines zuvor jahrhundertelang gültigen Wertesystems als Auslöser: Habsucht, Gier, Maßlosigkeit, noch bis vor einigen Jahrzehnten geächtete Laster, sind zu Tugenden erhoben worden. Miegel gelingt es, kurzweilig und kenntnisreich verschiedene Symptome zu benennen. In vielem hat er recht: Wir arbeiten zuviel! Daß die Arbeit heute den Menschen mehr prägt als dieser seine Arbeit, ist nicht nur für alle abhängig Beschäftigten eine Binsenweisheit, die in ständiger Angst vor Arbeitsplatzverlust leben müssen und dafür mit beinahe sittenwidrigen Gehältern entlohnt werden. Das Kulturwesen Mensch, so die ernüchternde Erkenntnis, droht zu scheitern. (tb)

Meinhard Miegel: Hybris – die überforderte Gesellschaft. Propyläen Verlag, Berlin 2014, gebunden, 320 Seiten, 22,99 Euro

 

Integration und Erfolg. Warum gibt es Bevölkerungsgruppen, die erfolgreicher sind als andere ? Dieser Frage sind die beiden Jura-Professoren an der Yale-Universität Amy Chua, Tochter chinesischer Einwanderer, und ihr aus einer jüdischen Familie stammender Ehemann Jed Rubenfeld nachgegangen. Sie versuchen zu ergründen, warum in der Einwanderungsgesellschaft der USA Migranten aus Ostasien, Indien, Nigeria oder Kuba, aber auch religiöse Gruppen wie die Mormonen mehr Erfolg haben als andere. Eine von den Autoren als Dreierpack bezeichnete Kombination aus dem Gefühl kollektiver Überlegenheit, einer gleichzeitigen Unsicherheit gegenüber der Gesellschaft sowie ein erhöhtes Maß an Selbstdisziplin gebe dabei in der Kultur einer Gruppe den Ausschlag für den Erfolg. Dieses Prinzip sei zwar kulturell geprägt, aber dennoch übertragbar und für jeden umsetzbar. Chua und Rubenfeld verschweigen allerdings nicht, daß eine zu starke Erfolgsorientierung auch schädliche Auswirkungen haben kann. (ro)

Amy Chua, Jed Rubenfeld: Alle Menschen sind gleich – erfolgreiche nicht. Die verblüffenden kulturellen Ursachen von Erfolg. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2014, gebunden, 318 Seiten, 19,99 Euro

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