© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/14 / 21. März 2014

Gute Aussichten für Marine
Kommunalwahl Frankreich: Während Bürgerliche mit einem Punktsieg liebäugeln, will Le Pen Zeichen setzen
Friedrich-Thorsten Müller

Kippt Frakreich? Kommenden Sonntag findet in Frankreich der erste Wahlgang der Kommunalwahlen statt. Die Wahl stellt den ersten großen landesweiten Test für die sozialistische Regierung François Hollande dar. Vor dem Hintergrund der chronischen Wirtschaftskrise des Landes und historisch schlechtester Umfragewerte des amtierenden Präsidenten birgt die Wahl einiges an Überraschungspotential.

Besondere Aufmerksamkeit gilt den Wahlen in Großstädten mit bisheriger knapper linker Mehrheit: So könnten Straßburg, Toulouse, Montpellier, Reims oder Metz künftig von bürgerlichen Mehrheiten regiert werden.

„Sarkozy-Leaks“-Affäre schadet bürgerlicher UMP

Im Gegensatz zum deutschen Wahlrecht genügt es in Frankreich bei Kommunen über 1.000 Einwohner, als Liste im zweiten Wahlgang eine Woche später die relative Mehrheit der Stimmen zu gewinnen. Man erhält dann als „Siegerbonus“ automatisch eine Mehrheit der Sitze, wodurch die Bürgerlichen auch in Großstädten mit ihren vielen Einwanderern, Sozialhilfeempfängern und Studenten grundsätzlich mehrheitsfähig wären.

In jedem Fall nimmt sich die UMP vor, in mehr als der Hälfte der 1.114 Städte mit mehr als 9.000 Einwohnern die Ratsmehrheit zu gewinnen. Hierfür müßte sie netto etwa 60 Städte dazugewinnen. Das Ziel wird generell als realistisch eingestuft, auch wenn die Bürgerlichen aufgrund der schwelenden Führungsfrage der UMP hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Die „Sarko-Leaks“-Affäre, mit an die Öffentlichkeit gelangten privaten Gesprächsmitschnitten des ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy, in denen er sich verächtlich über Parteifreunde äußert, schaden der Partei.

Vor diesem Hintergrund dürfte sich der weiter im Aufwind befindliche eu-ropa- und einwanderungskritische Front National (FN) zum heimlichen Wahlgewinner mausern. Inzwischen können sich in Umfragen bis zu 34 Prozent der Wähler mit den Ideen der Partei identifizieren, selbst wenn sie sie heute noch nicht wählen oder wählen können. Denn der größte Malus der Partei ist, daß sie nur in 596 Kommunen mit mehr als 9.000 Einwohnern eine Liste aufstellen konnte. Das ist zwar ein Rekord, deckt aber nur 32 Prozent der Wahlberechtigten ab. Nicht selten ist dies trotz zunehmender Etablierung des FN immer noch dem öffentlichen Druck auf potentielle Kandidaten geschuldet, die sich dann doch nicht mit einer Kandidatur für den FN aus der Deckung wagen.

In Prozentzahlen wird der bei Kommunalwahlen traditionell schwache FN somit zwar nicht an seine Ergebnisse von den Präsidenten- und Parlamentswahlen 2012 (17,9 und 13,6 Prozent) anknüpfen können. Aber selbst die prognostizierten neun Prozent wären ein Erdrutsch, verglichen mit nicht einmal einem Prozent bei der Kommunalwahl 2008.

In bis zu 15 Städten, darunter Forbach in Lothringen und etwa zehn Kommunen in Südfrankreich, traut man dem Front National, der aktuell keine Bürgermeister stellt, sogar die Machtübernahme zu. Ferner hofft Parteichefin Marine Le Pen, daß mindestens 1.000 der 21.000 FN-Bewerber den Sprung in die Kommunalparlamente schaffen.

Portrait Seite 2

Foto: Marine Le Pen im Kommunalwahlkampf: Die Chefin des Front National blickt optimistisch in die Zukunft

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