© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Kristina Schröder antwortet nicht
Falko Teuber

Hören die Politiker den Wählern überhaupt zu? Bei einer Straßenumfrage würde es vermutlich negative Antworten hageln. Dabei besagt eine ungeschriebene Regel der Politik, daß der Abgeordnete immer das Ohr am Wähler haben muß. Das ist auch die Idee, die hinter der 2004 gegründete nInternetplattform abgeordnetenwatch.de steht. Über dieses Portal, das mittlerweile einige Nachahmer gefunden hat, können Bürger vom heimischen Computer aus den Parlamentariern Fragen stellen. Diese werden dann von den Politikern zumeist früher oder später beantwortet. Da für alle im Internet sichtbar ist, wie schnell ein Abgeordneter antwortet, entsteht ein gewisser öffentlicher Druck.

Im vergangenen Jahr wurde Abgeordnetenwatch mit dem Demokratie-Preis des National Democratic Institute ausgezeichnet, das der Demokratischen Partei der Vereinigten Staaten nahesteht. Wie das Portal anläßlich der Ehrung mitteilte, würde diese Auszeichnung nur Personen und Organisationen, die sich „durch unermüdliches Engagement für Demokratie und Menschenrechte ausgezeichnet haben“, verliehen. Nun scheinen Anspruch und Wirklichkeit, wie bei so vielem, auch bei Abgeordnetenwatch auseinanderzufallen.

Die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sieht es ähnlich und lehnt eine weitere Zusammenarbeit mit Abgeordnetenwatch ab. Sie halte eine derartige Plattform für „demokratietheoretisch problematisch“, schrieb sie in der vergangenen Woche auf ihrer Internetseite.

Auch fühle sie sich nicht für alle fachpolitischen Fragen zu einer Beantwortung kompetent in ihrer Aussage, zumal der Bundestag arbeitsteilig sei. „Jeder Abgeordnete spezialisiert sich in den verschiedenen Bundestagsausschüssen und Arbeitsgemeinschaften auf bestimmte Themen – anders wäre parlamentarische Arbeit gar nicht möglich.“ Zusätzliche wissenschaftliche Mitarbeiter wären nötig, um allen Anfragen gerecht zu werden. Schröder fordert eine Reform von Abgeordnetenwatch. Die Plattform solle entweder den arbeitsteiligen Aufbau des Bundestages oder die Wahlkreise widerspiegeln. So wäre eine kompetentere Beantwortung der Bürgeranfragen zu den verschiedenen Fachbereichen möglich.

Interessant ist Schröders Verweis auf das „Geschäftsmodell“ von Abgeordnetenwatch. So verlange der Trägerverein Parlamentwatch von jedem Abgeordneten bis zu 200 Euro für eine sogenannte „Profilerweiterung“. Ansonsten würde kein Bild auf der Profilseite des Abgeordneten erscheinen, auch nicht in Wahlkampfzeiten. Ebenfalls für problematisch hält Schröder, daß der Betreiber für jeden Abgeordneten ein Profil erstellt, jedoch ohne dessen Einwilligung einzuholen.

Auch ohne Abgeordnetenwatch sieht sich Schröder für die Fragen, Ideen und Anregungen der Bürger gut erreichbar. Eine Kontaktaufnahme mit ihren Büros in Wiesbaden und Berlin sei per Brief, Telefon oder im Internet über Facebook und Twitter möglich. Zudem bietet sie persönliche Gespräche an. Da kann das Internet natürlich nicht mithalten.

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