© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Fußballklubs als Investitionsobjekt
Geld oder Macht oder beides: Was Investoren bewegt, Millionen in Sportklubs zu investieren und warum Deutschland eine Sonderrolle spielt
Christian Schreiber

Roman Abramowitsch gilt als Revolutionär des europäischen Fußballs. Für 165 Millionen Euro kaufte der russische Öl-Unternehmer im Sommer 2003 den maroden englischen Klub FC Chelsea, den er schließlich im Jahr 2012 zum Sieg in der Champions League führte. Wieviel Geld der Öl-Unternehmer seitdem in den Verein steckte, ist nicht bekannt, geschenkt hat er es ihm jedoch nicht.

In der Anfangszeit investierte er in die Superstars mittels Darlehen. Nachdem sich die Erfolge einstellten, lagerte er die Gelder in eine Betriebsgesellschaft um. Heute gilt der FC Chelsea als halbwegs solide, aber total abhängig von seinem russischen Mäzen. Der hat es immerhin geschafft, seinen Verein und auch sich selbst innerhalb von zehn Jahren von einer grauen Maus zu einer schillernden Institution auf der europäischen Fußball-Bühne zu inszenieren.

Abramowitsch hat Nachahmer gefunden. Es gibt kaum einen englischen Profiklub, der sich nicht in der Hand ausländischer Investoren befindet. Das britische Beispiel macht unterdessen Schule. Vor drei Jahren kaufte das Scheichtum Katar den französischen Erstligisten Paris Saint-Germain, investierte seitdem dort Hunderte von Millionen Euro pro Jahr.

Daß 2022 die Weltmeisterschaft im Scheichtum ausgetragen wird, dürfte dabei wohl die entscheidende Rolle gespielt haben. Europas Fußball hat sich zu einem knallharten Wirtschaftszweig entwickelt. Es geht um TV-Einnahmen, Marketingstrategien und Macht. Immer wieder stellt sich die Frage, warum Unternehmen und Privatpersonen in Fußballvereine investieren. In Deutschland ist die strategische Partnerschaft des Sportartikelherstellers Adidas mit Bayern München seit Jahrzehnten bekannt, der Chemiekonzern Bayer aus Leverkusen bewirbt fast ebenso lange seine Produkte auf der Trikotbrust des gleichnamigen Fußballvereins. Diese Maßnahmen dienen dazu, die eigene Marke zu positionieren.

Noch größer sind die Vorteile allerdings, wenn sich die Unternehmen in Privatbesitz befinden. In Italien finanziert die Turiner Familie Agnelli mit ihrem Autohersteller Fiat den beliebten Klub Juventus. Und Silvio Berlusconis Aufstieg vom dubiosen Filmhändler zum Ministerpräsidenten wäre ohne sein Engagement beim AC Mailand kaum vorstellbar gewesen.

Werbeeinnahmen in Millionenhöhe locken

Nachdem das private Fernsehen den großen Fußball für sich entdeckte und damit zusätzliche Marketingplattformen schuf, sind die Preise explodiert. So überweist der Pay-TV-Anbieter Sky jährlich rund 500 Millionen Euro an die Bundesliga.

Im internationalen Vergleich ist das dennoch eine vergleichsweise geringe Größe. In der Zentrale des europäischen Fußballverbands Uefa in Nyon (Schweiz) versuchen die Verantwortlichen mit strengeren Regeln den Markt zu kontrollieren.

Von „Financial Fair Play“ ist die Rede, um Chancengleichheit herzustellen und Insolvenzen zu verhindern. In Spanien stürmte der FC Valencia auf Pump in die Champions League und stürzte jäh ab. Nun soll ein Investor aus Singapur den Verein kaufen und entschulden: „Wir haben vor allem in England, Spanien und Frankreich das Problem, daß Investoren kommen und gehen. Es kann nicht in unserem Interesse sein, daß alle zehn Jahre andere Vereine plötzlich oben sind und dann verschwinden“, sagt Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München.

Die Bundesliga gilt in Sachen Finanzen als Vorbild in Europa. Sie selbst klagt allerdings über zu geringe Vermarktungsmöglichkeiten. Unternehmer wie der Hörgerätehersteller Martin Kind, Präsident von Hannover 96, laufen seit Jahren gegen die 50-plus-1-Regel Sturm. Nach diesem Passus in den Verbandsstatuten ist es Kapitalanlegern nicht möglich, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften zu übernehmen, in die Vereine ihre Profimannschaften ausgliedern.

Bei uns ist der Erwerb eines ganzen Vereins verboten

Erlaubt ist hingegen, daß sich die Mehrheit des Kapitals im Besitz privater Investoren befindet. So hält der milliardenschwere Software-Unternehmer Dietmar Hopp (SAP) zwar nur 49 Prozent der Stimmen an seinem Heimatverein TSG Hoffenheim, aber 96 Prozent der Kapitaleinlage. Mit dem Risiko, überstimmt zu werden, kann er gut leben. Schließlich war es Hopp, der den Dorfverein aus der sechsten Liga in die Eliteklasse führte, ein Stadion und ein Jugendinternat baute.

Und ein Nachahmer hat sich bereits gefunden. Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz träumt davon, das Kunstprodukt RB Leipzig in die Bundesliga zu führen. Der mit 5,3 Milliarden Euro Vermögen steinreiche Österreicher besitzt drei weitere Fußballklubs, einen Formel-1-Rennstall und engagiert sich in zahlreichen Nischensportarten.

Ein Drittel des Jahresumsatzes investiert der Brausehersteller in Marketingaktivitäten. Dem Verein RB Leipzig gehören derzeit nur neun Mitglieder an, allesamt Angestellte Mateschitz’. Das ist eigentlich ein eklatanter Verstoß gegen alle Statuten des deutschen Fußballs. Doch daran, daß RB im Aufstiegsfall die erforderliche Profilizenz erhält, zweifelt niemand. Schließlich sei es „ein unglaubliches Geschenk an die Stadt, daß Red Bull nach Leipzig gekommen ist“, jubelt Oberbürgermeister Burkhard Jung.

Foto: Bundesligaspiel Bayer Leverkusen gegen Bayern München, Trikotwerbung: „Es geht um TV-Einnahmen, Marketingstrategien und Macht“

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