© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Ausweitung der Begriffe
Politisch aufgeladener Sadismus: Linksextreme Gewalttäter und die Staatsmoral
Thorsten Hinz

Brandstifter aus der linken Szene haben einem Kolumnisten der Berliner Boulevardzeitung B.Z. das Auto angezündet – „abgefackelt“. Im Bekennerschreiben heißt es, er schüre „bewußt und gewollt den Haß und die Angst Dumpfdeutscher Bürger vor ‘Überfremdung’, Schmutz und Kriminalität“. Tatsache ist: Besagter Kolumnist zählt in der Hauptstadtpresse zu den seltenen Journalisten, die gegen die Besetzung öffentlicher Plätze durch Asylbewerber und die Dominanz von Drogendealern in Parkanlagen protestieren und ihre Duldung durch die Landes- und Lokalpolitik anprangern.

Der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß twitterte zum Brandanschlag: „Das sind SA-Methoden.“ Wieso SA-Methoden? Als kürzlich militante Krawallbrüder den Auftritt Thilo Sarrazins im Berliner Ensemble verhinderten, stärkte Stöß ihnen per Twitter den Rücken: „Wenn wir ihn schon nicht loswerden: Ausgerechnet das Berliner Ensemble sollte dem nicht auch noch seine Bühne öffnen.“

Intendant Claus Peymann zeigte sich nach dem Krawall in seinem Haus geschockt über die „zunehmende Brutalisierung und Militarisierung unserer Gesellschaft“, über „zunehmende Gewaltbereitschaft und ein immer geringeres Sozialverhalten“. Beim Versuch einer Erklärung verhedderte der altlinke Theatermann sich allerdings in verstaubten Erklärungsmustern. „Es war ein undemokratisches, nazihaftes Gepöbel, dem wir uns schließlich beugen mußten.“

Er glaubt, daß den „Nazis“ in puncto politischer Gewalt die Urheberschaft und Erstschlagskapazität zukommt und die Störer sich ihr lediglich mimetisch anverwandelt haben – frei nach dem Brecht-Vers: „Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit / Konnten selber nicht freundlich sein.“ Womit die Schuld doch wieder den als faschistisch, rechts oder „umstritten“ deklarierten Opfern der Attacken zufiele. Peymanns Logik ist wenig originell, aber weit verbreitet und Teil der antifaschistischen Staatsmoral.

Die politische Gewalt hat – Karlheinz Weißmann wies kürzlich darauf hin – ihren Ursprung im jakobinischen Revolutionsterror. Über den vom NS-Regime angerichteten Schrecken wird leicht vergessen, daß der SA bis 1933 eine nicht minder militante und brutale Formation der Kommunisten gegenüberstand. Beide zogen einen ähnlichen Charakteryp an und trugen paritätisch zum „begrenzten Bürgerkrieg“ (Ernst Nolte) bei.

Man darf den braunen wie den roten Straßenkämpfern von damals zugute halten, daß sie ein hohes persönliches Risiko eingingen – man denke an das qualvolle Ende des Berliner SA-Führers Horst Wessel 1930 oder an den totgetretenen Kommunisten Konrad Pietrzuch aus dem oberschlesischen Potempa. Als nach der Machtergreifung die SA-Gewalt mit dem Gewaltmonopol der Staatsmacht verschmolz, verwandelten die Straßenkämpfer sich in Hilfspolizisten und KZ-Aufseher. Die Sadisten unter ihnen durften sich nun am Quälen ihrer wehrlosen Gefangenen ergötzen.

Die heutigen linksradikalen Aktivisten inszenieren sich als Nachfahren der antifaschistischen Bürgerkrieger, als Kämpfer gegen eine vom Staat begünstigte, zumindest geduldete faschistische Gefahr. Das sind Halluzinationen. Ihr Feind ist eine Vogelscheuche und die Jagd auf angebliche „Nazis“ und auf „Rechte“ ein staatlich geförderter Volkssport. Selber sind sie keinem Verfolgungsdruck ausgesetzt. Im Gegenteil, der „Kampf gegen Rechts“ wird vom Staat mit Millionenbeträgen gefördert, Rechtsbrüche werden akzeptiert und sogar ausdrücklich einkalkuliert. Auch das Berliner Ensemble verzichtete darauf, den Hausfrieden durch die Polizei herstellen zu lassen und brach – Meinungsfreiheit hin oder her – die Veranstaltung ab.

Die privilegierte Position der antifaschistischen Szene erklärt sich aus ihrem staatspolitischen Zweck. Die Interessenkongruenz mit dem Staat ergibt sich aus der Ausweitung des Faschismus-Begriffs, der bereits auf EU- und Euro-Kritik, auf die Ablehnung des Islamismus und der forcierten Globalisierung, Zuwanderung und kulturellen Nivellierung bezogen wird. Auf rechtsstaatlichem oder demokratischem Wege ist den Kritikern schwer beizukommen. Den etablierten Parteien, den Staatsorganen und Lobbygruppen kann es deshalb nur recht sein, wenn potentielle Konkurrenten durch angedrohte oder ausgeübte Gewalt in Furcht versetzt und zum Schweigen gebracht werden. Die Möglichkeit, ohne Risiko andere zu ängstigen, zu demütigen, zu quälen, spricht damals wie heute sadistisch veranlagte Naturen an. Der politisch aufgeladene Sadismus betrifft nicht nur die unmittelbaren Gewalttäter. Er ist auch bei zahlreichen Medienvertretern nachweisbar, die sich an der politischen Gewalt delektieren.

Herausgekitzelt wird er durch die kollektive Neurotisierung, eine Folge der antifaschistischen Staatsmoral. Im Lichte dieser Moral wird die eigene nationale Gemeinschaft als negativ und faschistisch kontaminiert wahrgenommen. Sie erfordert unaufhörliche Schuldbekenntnisse, wie sie zuletzt Bundespräsident Joachim Gauck in Griechenland vorgenommen hat. Sie läßt keinen Raum für jugendlichen Idealismus, es sei denn, man setzt seinen Ehrgeiz darein, die offiziellen Selbstanklagen noch zu überbieten. Sie führt in einen Zustand der Wehrlosigkeit. Es ist unmöglich, aus der Position der nationalen Selbstnegation deutsche Interessen zu formulieren oder auch nur dem Fremden unverkrampft gegenüberzutreten. Antifaschistische Aktionen richten sich niemals gegen islamistische Radikale. Denn erstens handeln Sadisten, wie gesagt, nur aus dem Gefühl der Übermacht und Gefahrlosigkeit. Und als National-Masochisten fehlt ihnen die geistig-moralische Basis, von der aus sie das Handeln von Zuwanderern kritisieren könnten.

Die Frustrationen und abgeblockten Energien wenden sie gegen Andersdenkende, die im System der antifaschistischen Staatsmoral als vogelfrei gekennzeichnet werden. Das angezündete Auto, die gesprengte Veranstaltung sind extreme Konsequenzen der Staatsmoral und -praxis, und der sich als links definierende Gewalttäter ist die Extremform des bundesdeutschen Staatsmenschen. Ob sich mit dem auch ein KZ betreiben ließe? Die Probe aufs Exempel möchte man nicht wagen.

Foto: Flüchtlinge sitzen am 16. März 2014 auf dem besetzten Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg: Mit Duldung der Landespolitik

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