© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Bitte mehr Empfindsamkeit!
Verdacht auf Bakterienbefall: Der bayerische Käsehersteller „Bergpracht“ ruft vorsorglich zahlreiche Sorten zurück
Richard Stoltz

Alarm bei den europäischen Käseherstellern. Die altbayerische Firma „Bergpracht“ (was für ein schöner Name!) hat eine „Rückrufaktion“ für einen Großteil ihrer Produkte gestartet. Betroffen sind vor allem Weichkäse-Sorten: Camembert und Brie, Weißschimmel und Blauschimmel … Und das Verhängnis breitet sich immer weiter aus. Seit Mitte der Woche steht nun auch „halbfester Schnittkäse“ unter Verdacht, auch er wird zurückgerufen.

Die Aktion ist aller Ehren wert. Denn die Gefahr ist real, die Produkte sind offenbar von „Listerien“ befallen, Bakterienstämmen, die bei kleinen Kindern, Schwangeren und immungeschwächten Personen schlimme Krankheiten auslösen können. Die Gründe für den Listerien-Angriff liegen zur Zeit noch im dunkeln. Es werde, verlautbart die Geschäftsführung der Firma, „in genauester Abstimmung mit den zuständigen Behörden gehandelt“.

So weit, so richtig. Was freilich etwas irritiert, ist die technizistische Rhetorik von „Bergpracht“. Man spricht dauernd von „Rückrufaktion“. Das ist bekanntlich ein Wort aus der Autoindustrie: Autos mit einem (meist kleinen) Produktionsfehler werden von der Firma zurückgerufen, um den Fehler, für die Kunden kostenfrei, auszubügeln.

Beim Käse geht das nicht so leicht. Kleine Kinder und Schwangere, die von Bakterien befallen werden, können nicht „zurückgerufen“, sondern müssen medizinisch behandelt werden. Und die Lebensmittel, die sie krank gemacht haben, können nicht ausgetauscht, sondern müssen weggeschmissen werden. Bitte etwas mehr semantische Empfindsamkeit, besonders wenn man „Bergpracht“ heißt!

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