© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/14 / 18. April 2014

Der Spielzeughersteller Lego hat die Wende geschafft
Die Wiedergeburt
Markus Brandstetter

Lego gibt es jetzt auch im Kino. Nicht als lästiger Werbespot vor dem Filmstart, sondern als Filmwelt. Alles in diesem Film ist aus Lego: Die Figuren, der Hauptheld Emmet (ein sympathischer Müllfahrer mit etwas wenig Grips, der die Welt retten muß), die Autos, die Flugzeuge, sogar Batman. Der Lego-Film, der im Februar in den Kinos anlief, ist zwar genauso vorhersehbar, flach und phantasielos, wie man das von einem modernen Kinderfilm aus Hollywood gewohnt ist, aber die Tricktechnik, die Musik und die Synchronsprecher, die den Lego-Helden ihre Stimme leihen, sind erste Sahne: Liam Neeson, bekannt aus „Schindlers Liste“, und Hollywoods Edel-Schwarzer, Morgan Freeman, führen die Besetzungsliste an.

Kein Mensch hätte vor zehn Jahren daran gedacht, daß die Lego-Bausteine es jemals in einen Kinofilm schaffen würden. Damals stellte sich eher die Frage, wann der dänische Spielwarenhersteller Insolvenz anmelden würde, denn 2004 war Lego fast bankrott. Die ersten der 1959 ausgestellten Patente auf Design und Herstellung der Bausteine aus buntem Plastik liefen aus, und die Wettbewerber saßen bereits in den Startlöchern. Zudem hatte sich der Konzern verzettelt. Die Enkel des Lego-Gründers herrschten über ein Bausteine-Imperium, das Freizeitparks und Computerspiele umfaßte. Mit den Bausteinen selber wurde immer weniger Geld verdient, was das Management durch die Auftragsfertigung von Kinderkleidung, Computer- und Brettspielen ausgleichen wollte. Vergeblich! Im Jahr 2004 lag der Verlust fast bei 180 Millionen Euro. Kein Mensch hatte mehr einen Überblick darüber, mit welchen Produkten eigentlich wieviel Geld verdient wurde. Es gab 13.000 unterschiedliche Lego-Steine, von denen manche nur für ein einziges Modell hergestellt wurden, die großen Bausätze mit Motoren waren alle Zuschußgeschäfte. Wollte Lego überleben, dann mußte sich etwas ändern – und zwar schnell.

Noch im selben Jahr zog sich der Enkel des Gründers aus der Geschäftsleitung zurück und wurde durch einen jungen, ehrgeizigen Manager ersetzt. Die meisten der alten Lego-Designer wurden ebenfalls in den Ruhestand geschickt, 30 neue Top-Designer eingestellt, die Anzahl der Bausteine fiel auf 6.000, und das ganze Sortiment wurde radikal eingedampft. Mit Uhren, Kleidung und Computerspielen war es ab sofort vorbei, Lego zog sich auf seine Kernkompetenz: die Herstellung von Bausätzen aus Plastiksteinen, zurück.

Der größte Bringer war jedoch die Lizenzierung bekannter Figuren aus Filmen und Fernsehserien: „Batman“, „Krieg der Sterne“, „Indiana Jones“, all das konnte nun in einer Lego-Version erworben und nachgebaut werden. Die Lego-Designer lernten, daß es nicht ihre Aufgabe war, eigene Landschaften, Menschen und Maschinen zu erfinden, sondern bereits existierende und etablierte Welten im Lego-Format nachzubauen.

Heute ist Lego nach Mattel der größte und profitabelste Spielwarenhersteller der Welt. Da darf der Film ruhig nerven.

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