© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/14 / 25. April 2014

CD-Kritik: Beethoven / Philharmonia-Quartett
Unerhörtes hören
Jens Knorr

Verrückte Musik“, „schade um das Geld“, „unwürdige Mystifikation“, „Flickwerk eines Wahnsinnigen“ – so urteilten Zeitgenossen über Ludwig van Beethovens Rasumowsky-Quartette von 1806, als ob diese je für ihre Ohren bestimmt gewesen wären und nicht – wie alle moderne Musik – für die Ohren der Kommenden! Musik kopiert nicht bekannte Welt, sondern macht ihr Unerhörtes hörbar. Doch was der Zeitgenosse nicht sehen kann, davon will er auch nicht hören.

Wie sehr uns Beethovens Modernität liebe Gewohnheit geworden ist, stellt das Philharmonia-Quartett Berlin unter Beweis. Streichquartett-Formationen, die auf hohem Niveau spielen, gibt es heute mehr denn je. Was jungen Formationen oft jedoch fehlt, ist Werkerfahrung, die Lebenserfahrung ist. Die Alten des aus Mitgliedern der Berliner Philharmoniker gegründeten Philharmonia-Quartetts bringen sie ein. Vielleicht aber auch ein wenig zuviel risikolose Abgeklärtheit, ja Saturiertheit. Den immanenten Widerspruch zwischen dem Behaupten der eigenen gegen die andern drei Stimmen und der Einstimmigkeit aller vier gegen die Hörer tragen sie kaum aus.

Mit dieser CD, die auch op. 74, das 1809 komponierte „Harfenquartett“, enthält, liegt ihre Einspielung aller Beethovenschen Streichquartette komplett vor, die demnächst in einer gesonderten Edition erhältlich sein soll.

L. van Beethoven: Streichquartette op. 59 und 74, Philharmonia Quartett Berlin, Thorofon, 2014 www.bella-musica-edition.de

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