© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/14 / 25. April 2014

Das Gleichgewicht der Mächte wiederhergestellt
Kriegsgeschichte: Ausstellung zum 300. Jubiläum des Friedens von Rastatt 1714
Hans-Georg Meier-Stein

Das Wehrgeschichtliche Museum im Schloß Rastatt zeigt derzeit eine kleine, aber sehr informative und eindrucksvolle Ausstellung zum Frieden von Rastatt 1714, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendete.

Dieser Krieg mit seiner 13jährigen Dauer, der weiten Ausdehnung der Kriegsschauplätze und der unbeschreiblichen Grausamkeiten war fast schon ein Weltkrieg gewesen, denn nicht nur in Spanien, Süddeutschland, Flandern, Brabant und Norditalien wurde erbittert gekämpft, sondern auch in den überseeischen Besitzungen der kriegsbeteiligten Parteien. Beinahe hätten die kriegerischen Auseinandersetzungen dazu geführt, daß sich der Spanische Erbfolgekrieg und der Nordische Krieg (1700–1721) zu einem ganz Europa von der Ostsee bis zum Bosporus erfassenden Krieg ausgeweitet hätten.

Es ging um viel: Nach dem Tod des kinderlosen Karl II. von Spanien im Jahr 1700 konnten aufgrund dynastischer Verbindungen sowohl der französische König Ludwig XIV. als auch das Haus Habsburg Ansprüche auf das spanische Erbe erheben. So oder so: Das Ergebnis wäre in jedem Fall die Hegemonie der jeweils siegreich vordringenden Macht über Europa gewesen.

Als der Krieg 1701 begann, standen sich auf der einen Seite die „Große Allianz“, die Wilhelm III. von England zusammengeführt hatte, bestehend aus Großbritannien, Holland, Österreich, Preußen, Hannover, Portugal, Savoyen und dem Reich, sowie auf der anderen Seite die Franzosen, verbündet mit dem Haus Wittelsbach, gegenüber.

Die Schlachten von Höchstädt an der Donau (1704) und Oudenaarde (1708), auf seiten der Allianz geführt von dem Prinzen Eugen und John Churchill, Herzog von Marlborough, endeten für die Franzosen mit einem Desaster. Aber die Verhandlungen 1709 und 1710 scheiterten an den harten Forderungen der Verbündeten.

Erst 1711 kommt es zu einer Wende. Der Tod Josephs I. und die Übernahme der Regierung durch die frankophilen Tories in London verändern die politische Situation grundsätzlich. England tritt nun in separate Verhandlungen mit Frankreich ein, die zum Frieden von Utrecht (1713) führen. Großbritannien, Preußen, Holland, Portugal und Savoyen schieden aus dem Krieg aus. Aber der Krieg mit dem Reich ging weiter.

Alle Beteiligten waren freilich erheblich geschwächt, die Kräfte überspannt. Dem Spanischen Erbfolgekrieg waren die Raubkriege Ludwigs XIV. und im Südosten des Deutschen Reiches der Große Türkenkrieg vorausgegangen, und der Nordische Krieg dehnte sich bis nach Sachsen und Schlesien aus. Eine große Belastung für das Haus Habsburg war auch der ungarische Freiheitskampf (1703–1711).

Jahrzehntelang hatten riesige Heeresmassen, wie man sie seit den Tagen des Dreißigjährigen Krieges nicht mehr gesehen hatte, plündernde Banden und Marodeure die Länder durchzogen. Die Folgen waren schrecklich: Zwangsrekrutierungen, die Konfiszierung von Vieh und Vorräten, die Plage der Einquartierungen, Raub, Mord, Brandschatzungen, Bombardements auf die Städte, mit der Verwüstung ganzer Landstriche die Vernichtung von Ernten, Hungersnöte, Seuchen, Krankheiten aller Art, Invalidität. Hinzu kamen der immense Steuerdruck und die ständige Erhebung von Kontributionen.

Weil auch die weitere Kriegsführung des Reiches erfolglos blieb (die Franzosen fielen brandschatzend in der Pfalz und in Baden ein, besetzten Freiburg), kam es schließlich durch Vermittlungen des Kurfürsten von der Pfalz zu Friedensverhandlungen.

Rastatt wurde wegen der für beide Seiten vorteilhaften Lage an der Landesgrenze gewählt. Und das nach dem Vorbild von Versailles neu erbaute Schloß bot standesgemäße Unterkünfte. Der Kaiser hatte den Prinzen Eugen zu Verhandlungen bevollmächtigt, die dieser mit dem französischen Marschall Villars führte. Am 6. März 1714 konnte der Friedensvertrag unterschrieben werden. Der endgültige Friede zwischen dem Reich und Frankreich kam am 7. September im schweizerischen Baden zustande. Kaiser Karl VI. unterzeichnete im Namen des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen“.

Zu den Folgen des Krieges gehörte nicht nur, daß die französische Hegemonie gebrochen und das Gleichgewicht der Mächte wiederhergestellt war, sondern vor allem, daß die Legitimation des Absolutismus weitgehend erschüttert war. Im neuen Jahrhundert schienen denn auch am fernen Horizont schon ganz anderen Ideen auf, die auf die Französische Revolution vorauswiesen.

Die Ausstellung ist bis zum 15. Juni im Residenzschloß Rastatt, Herrenstraße 18-20, täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Telefon: 072 22 / 97 83 85

www.schloss-rastatt.de

www.wgm-rastatt.de

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