© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/14 / 25. April 2014

Deutsche Kultur im historischen Vergleich: Hochhuth schwärmt von Kaisers Zeiten
Das Volk auf Distanz halten
(wm)

Zum Schwerpunktthema „Deutsche Kultur“ hat die Redaktion der Zeitzeichen Rolf Hochhuth befragt (Heft 3-2014). Der 83jährige Autor, der sich unverzagt als „Kombattant“ und nicht als altersmilder Beobachter der Kulturszene versteht, nutzt die Chance, den stramm auf politisch korrekten Pfaden wandelnden Interviewern des kirchlichen Periodikums eine Geschichtslektion zu erteilen, deren Kern die Überzeugung vom kulturellen Abstieg Deutschlands birgt. „Ohne jeden Zweifel“ habe die deutsche Kultur vor 1914 eine „beispiellose Glanzzeit“ erlebt. Davon zehrte noch der „Rausch an Neuem“ in den 1920ern. Nach 1945 sei es jedoch rapide bergab gegangen. Dies allein als Folge der NS-Zeit zu deuten, sei zu billig: Man dürfe siebzig Jahre nach ihrem Abgang „die Nazis nicht für alles und jedes haftbar machen – schon gar nicht auf dem Gebiet der Kunst“. Denn das von einer „Einheits-Presse“ bejubelte Banausentum sei dem demokratischen System immanent. Hinsichtlich der Behandlung der Künste, primär des Theaters und der Architektur, könne man die Demokratie daher nur „verachten“. Offenbar liege es am „Personal“, das jede Beziehung zum Volk verloren habe und es durch „Bodyguards“ auf Distanz halte, während Wilhelm II. auf Leibwächter verzichtete. Eine Stilfrage nur, die aber den Verfall auch der politischen Kultur auf das schönste illustriere.

www.zeitzeichen.net

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