© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/14 / 02. Mai 2014

Annie Machon packte über die Machenschaften des britischen Geheimdienstes aus
Agentin mit Herz
Robert Grözinger

Annie Machon war stolz auf ihren Job. Seit Anfang der neunziger Jahre trug sie als Agentin ihrer Majestät dazu bei, ihr Land etwa vor Terroristen zu schützen. Das glaubte die 1968 geborene Engländerin jedenfalls, als sie nach ihrem Studium der klassischen Altertumswissenschaft in Cambridge und einem Job im Verlagswesen vom britischen Inlandsgeheimdienst MI5 rekrutiert wurde. Bis sie und ihr Partner, David Shayler, 1996 hinter üble Machenschaften des Schwesterdienstes MI6 kamen.

Der Auslandsgeheimdienst hatte ausgerechnet einer Al-Qaida-Gruppe Geld für ein Attentat auf Muammar al-Gaddafi zugesteckt. Doch der Plan ging schief, unbeteiligte Zuschauer nahe der Wagenkolonne des libyschen Staatschefs kamen ums Leben. Als das Paar versuchte, diesen Vorgang über legale Kanäle publik zu machen, wurde es von seinem Dienstherren zum Schweigen verdonnert. Statt dessen ließen sie die Sache an die Medien durchsickern und flohen nach Frankreich. Doch schließlich stellte sich Shayler und mußte für mehrere Monate ins Gefängnis. Machon wurde freigesprochen und lebt jetzt in Deutschland.

Der libysche Vorgang bleibt ein Makel in der Geschichte des britischen Geheimdienstes und wird in Machons Buch „Spies, Lies and Whistleblowers“ geschildert. Und noch weitere Verfehlungen aus dem Schattenreich der Spionage werden dort offengelegt. Zum Beispiel vermeidbare IRA-Anschläge sowie ein 1994 sehr wahrscheinlich vom Mossad durchgeführter kontrollierter Bombenanschlag auf die israelische Botschaft in London. Für letzteren seien Unschuldige verurteilt worden, schreibt Machon, die sich ausdrücklich für die Existenz Israels in den Grenzen von 1967 ausspricht.

Die britische Ex-Agentin ist somit in mehrfacher Hinsicht eine Vorläuferin von Edward Snowden, dessen Schicksal sie mit Sympathie verfolgt. Sie bezeichnet ihn als „Whistleblower 2.0“, der aus den Fehlern seiner Vorgänger gelernt habe. Aus eigener Erfahrung weiß Machon, daß das, was der ehemalige NSA-Mitarbeiter entlarvt hat, „nur die Spitze des Eisbergs“ ist. Ende letzten Jahres prophezeite sie in einem Interview, in naher Zukunft würden wir „Horrendes“ darüber erfahren, wie unsere Privatsphäre, Grundfreiheiten und unsere Medien „vom globalen Spionagepanoptikum ausgehöhlt worden sind“.

Machon hegt große Zweifel am Tathergang der Terrorangriffe vom 11. September 2001 in New York und 7. Juli 2005 in London. „False flag“-Angriffe, also vorgetäuschte Aktionen, seien ein „Standardmittel“ der Geheimdienste: „Ich kenne den Betrieb von innen. Verschwörungstheorien sind oft Verschwörungstatsachen. Je früher die Leute das erkennen, desto besser.“ Von Politik, Justiz und etablierten Medien erwartet Machon in dieser Hinsicht nichts, weil sie alle die persönlichen Dossiers der Geheimdienste fürchteten.

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