© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/14 / 09. Mai 2014

Grüße aus Jerusalem
Besuch aus Rom
Philipp Gracht

Willkommen Papst Franziskus“: Auf diversen Plakaten im christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt lächelt, segnet und winkt dieser Tage das katholische Kirchenoberhaupt. Ende Mai wird er die Juden, Christen und Muslimen heilige Stadt besuchen. Anlaß der Visite ist der fünfzigste Jahrestag des Jerusalemer Treffens zwischen Paul VI. und dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, Athenagoras von Konstantinopel. Am 25. Mai wollen Franziskus und Bartholomäus in der Jerusalemer Grabeskirche an diese historische Begegnung ihrer Vorgänger erinnern.

Israel ist nicht davon begeistert, daß Franziskus zuerst die Palästinensergebiete besuchen wird.

Unumstritten ist der Besuch des Papstes indes nicht. Israels Regierung ist alles andere als begeistert, daß Franziskus von Jordanien kommend zunächst die Palästinensergebiete besuchen wird, und nicht Israel – ein Novum nicht ohne Hintergedanken. Dort, in Bethlehem, wird er auch mit Flüchtlingen zusammentreffen, die aus Orten stammen, die heute in Israel liegen.

Ohne Zweifel will Franziskus, der sich und seine Kirche an der Seite der Schwachen und Entrechteten sieht, auch damit eine politische Botschaft transportieren. Zudem hätte sich die israelische Seite einen längeren Aufenthalt des Papstes gewünscht. Nur drei Tage wird er sich im Nahen Osten aufhalten – und drei Länder besuchen.

Orthodoxe Juden beschweren sich zudem schon jetzt, daß der Besuch des Papstes an der Klagemauer den dortigen Ablauf stören werde. Papst hin, Franziskus her: Keine Bar Mitzwa (Feier zur Religionsmündigkeit) werde ausfallen müssen, machte jetzt der zuständige Rabbiner klar. Bislang unbestätigte Gerüchte, Israel werde dem Vatikan anläßlich des Papst-besuchs den seit Jahren umstrittenen Abendmahlssaal auf dem Jerusalemer Zionsberg zurückgeben, sorgen zusätzlich für Aufregung. Verschiedene Abgeordnete rechter Parteien besuchten deshalb am 1. Mai demonstrativ die Stätte, in deren Erdgeschoß das von Juden verehrte Davidsgrab liegt, in deren zweitem Stock Katholiken hingegen das Letzte Abendmahl verorten.

Dabei gilt Papst Franziskus als sehr philosemitisch. Als Erzbischof von Buenos Aires hielt er mit Juden Holocaustgedenkfeiern in seiner Kathedrale ab. Um in Nahost jetzt von keiner Seite vereinnahmt zu werden, fährt er deshalb lieber zweigleisig: Neben einem Rabbi wird ihn ein Imam aus Argentinien auf der Reise durch das Heilige Land begleiten.

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