© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/14 / 09. Mai 2014

Frisch gepresst

Ernst Jünger. Sieben Jahre nach Erscheinen seiner beeindruckenden Ernst-Jünger-Biographie präsentiert Heimo Schwilk (JF 8/08) dieses Werk in zweiter Auflage. Der Text wurde allerdings nur an wenigen Stellen ergänzt. Vor allem beleuchten einige Zitate aus dem bis 2007 nicht zugänglichen „brisanten Briefwechsel“ mit Jüngers erster Frau, der mit 54 Jahren 1960 verstorbenen Gretha von Jeinsen, noch heller „Ich-Verschlossenheit und Hochmut“ des Autors. Mit solchen Zusätzen rundet Schwilk indes nur ab, was den großen Vorzug seiner Arbeit gegenüber der seinerzeit fast gleichzeitig veröffentlichten, stärker literaturwissenschaftlich akzentuierten Biographie Helmuth Kiesels (JF 42/07) ausmacht: psychologisches Einfühlungsvermögen, erprobt während der fünfzehnjährigen engen Bekanntschaft mit Jünger in dessen letzter Lebensphase, zudem ein fein entwickelter Sinn für Atmosphärisches und das Zeitkolorit, der sich vor allem in der Vergegenwärtigung der 1940er und 1950er Jahre beweist. Daher dürfte seiner ungemein dichten, quellensatten Biographie, auch wenn „die Anzahl der Forschungsarbeiten ständig wächst“, wie Schwilk im neuen Vorwort registriert, so bald keine Konkurrenz erwachsen. (wm)

Heimo Schwilk: Ernst Jünger. Ein Jahrhundertleben. Klett-Cotta, Stuttgart 2014, gebunden, 647 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

 

Flüchtlingskind. Die Erinnerung der 1941 geborenen Ingrid Stahn reicht zurück in den April 1944, als ihre schwangere Mutter die Nachricht vom Soldatentod ihres Mannes erhielt. Endlose Erschütterung und tiefe Trauer der Mutter, die tagelang im Bett lag, weinte und mit „stakkatoartigen Schreien“ Sohn und Tochter ängstigte, waren für Ingrid Stahn jedoch erst der Auftakt einer Folge weiterer traumatisierender Erlebnisse. Im Winter 1945 floh sie vor der Roten Armee aus der ostpreußischen Kleinstadt Friedland über das Frische Haff und Pillau nach Danzig, eine „erzwungene Wanderschaft“ (Richard von Weizsäcker), die ihre im Juni 1944 geborene Schwester nicht überlebte. Von Tieffliegern beschossen, landete die Familie per Bahn in Thüringen, wo ein hartes Leben als ungeliebte Flüchtlinge auf sie wartete, das Ingrid Stahn erst kurz vor dem Mauerbau 1961 hinter sich lassen konnte. (dg)

Ingrid Stahn: Von Friedland in Ostpreußen an den Jacobsweg. Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2014, 168 Seiten, broschiert, 12 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen