© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Kampf gegen die Geldschöpfung aus dem Nichts
Vollgeld-Initiative: Die Schweiz diskutiert über die Macht der Zentralbank und den Einfluß privater Geldinstitute
Susanne Kablitz

Die Vollgeld-Initiative in der Schweiz gewinnt mit jedem Tag der Finanzkrise Verbündete und Förderer hinzu. Das Vorhaben, das hier in Deutschland in ähnlicher Form unter der sogenannten „Monetative“ um den Ökonomen und Sozialwissenschaftler Joseph Huber einem immer breiteren Publikum bekannt wird, beschäftigt sich mit der Frage, woher unser Geld eigentlich kommt. Während Münzen und Papiergeld von den Zentralbanken ausgegeben werden, weiten die Privatbanken die Geldmenge durch die Schaffung von Bankeinlagen und Wertpapieren immer weiter aus.

Die Vollgeld-Initiative will dies ändern. Künftig sollen alle Privatbanken nur noch das Geld ausgeben können, für welches ein Gegenwert bei der Zentralbank hinterlegt ist. Dies würde die Ausweitung der Geldmenge erheblich verringern. Insgesamt können sich so viele Vorteile gegenüber dem bestehenden System ergeben. Derzeit werden durch Spekulationen hohe Gewinne erzielt und auch Finanzblasen geschaffen. Die nächste Krise ist so nur eine Frage der Zeit.

Regierungen als Antrieb der Geldentwertung

Die Argumente für das Vollgeld, für dessen Einführung in der Schweiz bereits 66.000 von 100.000 Unterschriften gesammelt wurden, sprechen vor allem Menschen an, die glauben, daß die Geldschöpfung in staatliche Hände gehöre. Hauptargument der Befürworter: Derzeit würden nur knapp zehn Prozent der Geldmenge direkt von den Zentralbanken über den Druck neuer Scheine und die Produktion neuer Münzen kontrolliert.

Grundsätzlich ist es in der Tat so, daß viele Bankiers schon vor Jahrhunderten Mittel und Wege fanden, ihre Kunden zu benachteiligen. Es hat zwar immer wieder Ausnahmen gegeben, aber zur Regel wurden sie nie. Das Grundproblem besteht darin, daß Banken nicht zwischen einer Einlage, für die vom Einleger ein Zins oder eine Gebühr gezahlt wird, um sie zu sichern, von den Geldgeschäften unterscheidet, bei der Ersparnisse gegen einen Risikozins an andere Marktteilnehmer verliehen werden. Das Argument der Vollgeldanhänger, daß es hier eine Gesetzeslücke gibt, ist also nicht zu bestreiten. Daß Banken grundsätzlich „Geld aus dem Nichts“ schaffen können, weil sie nur eine Mindestreserve halten müssen, ist in wirtschaftlichen Aufschwungzeiten ein großes Problem.

Dies hat sich etwa in Spanien gezeigt, das bis heute mit dem Platzen der Immobilienblase zu kämpfen hat. Grundsätzlich sollte eine Bank jedoch kein Geld verleihen, wenn nicht entsprechende Sicherheiten hinterlegt sind. Denkt man an die Zeit des „Wirtschaftswunders“ in den fünfziger Jahren zurück, so wird schnell klar, daß Kredite, die kluge Investitionen möglich machen, durchaus sinnvoll sind. Die Vollgeld-Initiative sieht in dieser Geldmengenausweitung der privaten Banken das große Problem unserer Zeit und fordert, daß nur noch die Nationalbank oder hier in Deutschland eine „vierte Gewalt“ – die Monetative – darüber die Macht und die Entscheidungsgewalt haben sollte, wieviel Geld wirklich geschöpft werden soll.

Was dabei jedoch gerne übersehen wird, ist, daß es ohne Zentralbanken die derzeitige Krise und andere davor gar nicht gegeben hätte. Dennoch sind viele Bürger überzeugt, daß staatliches Geld über Zentralbanken oder Notenbanken für Stabilität sorgt. Die Liquidität, die massenhaft in die Märkte geströmt ist, haben die Zentralbanken zu verantworten, die Geschäftsbanken haben davon lediglich enorm profitiert. Die Finanzierung der Schulden, deren Ursache die nicht mehr bezahlbaren Sozialsysteme sind, ist zur Hauptaufgabe der Zentralbanken geworden.

Daß eine Notenbank mit dem Monopol der Geldschöpfung oder auch eine „vierte Gewalt“ nun die Moral neu entdecken würde, ist eine gefährliche Utopie. Die Menschen werden so in eine noch größere Abhängigkeit getrieben, indem sie vom Staat (der aus Menschen besteht) oder einer sonstigen Institution (die aus Menschen besteht) noch abhängiger werden, als sie es ohnehin schon sind. Mit Blick auf die Versäumnisse der Privatbanken und deren Kasinomentalität könnten die Vollgeldbefürworter durchaus Erfolg mit ihrer Initiative in der Schweiz haben. Daß eine staatliche Behörde wie die Zentralbank genau feststellen kann, was die optimale Geldmenge ist, darf allerdings auch bezweifelt werden.

Die Vollgeld-Initiative basiert auf den gleichen Voraussetzungen, die es jetzt schon gibt. Mit der Forderung, daß das Geld ausschließlich von der Notenbank geschöpft und dann zinslos der Regierung überlassen wird, die es durch öffentliche Ausgaben in Umlauf bringt, droht jedoch auch eine permanente Geldentwertung.

Foto: Schweizer Franken: Die Kasinomentalität der Banken hat viele Bürger verunsichert

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