© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Preisschilder des Hasses
Jüdische Extremisten in Israel hetzen gegen Christen
Thorsten Brückner

Keiner wurde so deutlich wie der Schriftsteller Amos Oz: Hebräische Neonazis seien es, die seit einigen Jahren sogenannte „Preisschild“-Anschläge auf christliche und muslimische Einrichtungen und Privatbesitz der arabischen Minderheit in Israel verüben. Während die Attacken seit 2008 in unregelmäßigen Abständen in Israel stets für ein kurzes Strohfeuer der Entrüstung sorgen, das meistens ebenso schnell wie es auflodert auch wieder abklingt, scheinen es die jüdisch-orthodoxen Extremisten mit ihren Schmiereien an Klöstern, Kirchen und Moscheen diesmal übertrieben zu haben. „Jesus ist ein Affe“, „Jesus ist Müll“, „Maria ist eine Kuh“ sind die gängigen Slogans der Vandalen, die die Behörden in der Siedlerbewegung vermuten. Für Jesus benutzen sie dabei stets statt des hebräischen Namens für den Gottessohn, Jeshua, das in Israel gebräuchliche Akronym Jeshu, das übersetzt heißt: „Möge sein Name und sein Andenken getilgt werden“. Bereits 18 solcher Graffiti-Anschläge wurden seit Beginn des Jahres gemeldet.

Genug, daß nun sogar die US-Regierung Israel zum Handeln aufforderte. Nur in Einzelfällen war es bisher zu Festnahmen gekommen. Der Verfolgungsdruck durch die israelischen Behörden blieb überschaubar. Erstmals nimmt nun aber der Druck aus der Bevölkerung zu. Am Sonntag demonstrierten in Jerusalem Hunderte Araber und Juden gegen die Übergriffe und forderten die Regierung zum Handeln auf. Diese hat nach Jahren des schulterzuckenden Abwartens nun offenbar begriffen, daß die nationalistischen Übergriffe dem Image des jüdischen Staates nicht guttun.

Muslime verüben Racheakt

Vergangene Woche schickte Premierminister Benjamin Netanjahu seinen Minister für innere Sicherheit, Yitzhak Aharonovitsch, auf eine von rechten Medien als „Preisschild-Tour“ verspottete Visite in drei arabische Städte, um den Bewohnern die Unterstützung der Regierung zu versichern. Bizarrer Höhepunkt: Der Minister forderte die eigene Regierung auf, „Preisschild“-Anschläge als Terrorakte zu deklarieren, um so der Polizei mehr juristische Möglichkeiten bei der Strafverfolgung an die Hand zu geben. Das wäre auch dringend nötig, denn am 25. Mai kommt der Papst ins Heilige Land. Besonders die katholische Kirche beklagt, daß viele ihrer Einrichtungen in letzter Zeit geschändet wurden. Selbst vor dem ehrwürdigen Notre-Dame-Zentrum des Vatikans in der Nähe der Jerusalemer Altstadt machten die Extremisten nicht halt: „Tod den Arabern und Christen“, schrieben sie auf die Mauern. Eile ist noch aus einem anderen Grund geboten. Muslime haben in einem Racheakt vergangene Woche das Grab eines Rabbis aus dem 2. Jahrhundert mit Hakenkreuzen beschmiert. Auge um Auge, Zahn um Zahn!

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