© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Hegemonie des Englischen: Etwas läuft grundsätzlich schief
Goethe lieber nicht englisch zitieren
(wm)

Heinrich Detering, Göttinger Germanist und Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, versagt sich selten dem Zeitgeist. So überrascht auch nicht, daß er Beifall zur Wahl des „Unwortes“ 2013 („Sozialtourismus“) klatscht. Mit dieser Vokabel werde die Einwanderung diskreditiert und „Angst vor Überfremdung“ geschürt. Oft von jenen „Sprachkritikern“, die die deutsche Kultur schützen wollen, von deren „Sprachpurismus“ aber schnell der Schritt zum „ethnischen Sauberkeitsgebot“ getan sei (Forschung&Lehre, 3/2014). Um dagegen gefeit zu sein, müsse man, wie Detering ahistorisch den Weimarer Olympier bemüht, Goethes Verständnis von „Weltliteratur“ aktualisieren, dem die Begeisterung für die „globalen Wanderungsbewegungen der Menschen und Sprachen und Waren“ immanent sei. Natürlich darf in diesem Kontext der übliche – und leider hinkende – Vergleich auf dessen „West-östlichen Diwan“ nicht fehlen. Nach soviel migrationspolitischem Lippendienst findet Detering jedoch unvermutet die Besinnung wieder, wenn er dazu aufruft, sich der „Hegemonie einer einzigen Wissenschaftssprache“ zu widersetzen. Wenn auf internationalen Konferenzen Vorträge nicht auf deutsch gehalten werden dürfen und selbst Goethe-Zitate ins Englische zu übersetzen seien, „dann läuft etwas ganz grundsätzlich schief“.

www.forschung-und-lehre.de

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