© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/14 / 23. Mai 2014

Angst vor dem Wähler
Schulz, Juncker & Co.: Gemeinsam gegen Rechts
Johannes Schüller

Martin Schulz, Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei Europas, hat gute Gründe, sich Sorgen zu machen. In den aktuellen Umfragen zur Europawahl legen die EU-kritischen Parteien deutlich zu. In Großbritannien scheinen die Euro-Gegner von der United Kingdom Independence Party (Ukip) die Altparteien zu überholen, ähnliche Szenarien zeichnen sich in Frankreich oder Österreich ab. Rund 150 der zukünftig insgesamt 751 Sitze im EU-Parlament könnten laut dem Umfrageinstitut election.de an rechte Parteien gehen.

Wenn die Bürger die Europawahl nicht ernst nähmen, dann werden immer mehr „rechtskonservative Parteien im Europäischen Parlament sitzen“, warnte Schulz deshalb bei einer TV-Debatte des Senders Euronews, ohne sogleich darauf hinzuweisen, daß es für ihn als Deutschen undenkbar sei, „daß eine Nazi-Partei im nächsten Europäischen Parlament sein könnte und Propaganda für die Ideologie von Adolf Hitler machen würde“. Auch sein Konkurrent Jean-Claude Juncker, Spitzenkandidat der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), warnt vor den „dramatischen Folgen“ eines Erfolges der Rechtskonservativen. Auch die Spitzenkandidaten der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, Guy Verhofstadt, Ska Keller von den Europäischen Grünen sowie Alexis Tsipras vom Europäisches Linksbündnis fürchten dieses Szenario.

Überhaupt sind sich die fünf oftmals einig. Grundlegende Kritik an der EU gibt es nicht. Bei den spannenden Themen wie Eurobonds, Bankenunion, Souveränitätsabgabe des Nationalstaats und Zuwanderung bleibt es in den zahlreichen Diskussionen harmonisch.

Einmütigkeit im Kampf gegen Putin

Lediglich der ehemalige belgische Ministerpräsident Verhofstadt pocht auf ein strengeres europäisches Einwanderungsrecht nach kanadischem Vorbild. „Mehr Europa als Motor für Europa“, heißt es dann vielsagend in Verhofstadts Programm. Der Kampf gegen den Klimawandel, für Eurobonds sowie eine europaweite Frauenquote folgen. Auch Junckers Wahlkampf ist ideologisch kaum von seinen Konkurrenten unterscheidbar: Mit einem Plädoyer für europaweite Mindestlöhne versucht er seinem gefährlichsten Konkurrenten Schulz das Wasser abzugraben.

Schulz gibt sich dagegen deutlich volksnäher. Dazu hat er allen Grund: Ende April wurde bekannt, daß Schulz an jedem Tag allein im vergangenen Jahr 304 Euro Sitzungsgeld ohne notwendige Anwesenheit erhielt. Da klingt das Versprechen eines „gerechteren und menschlicheren Europas“ wie Hohn. Von der hohen Jugendarbeitslosigkeit über das Finanzsystem bis hin zum Schutz der Persönlichkeitsrechte müsse einiges verbessert werden.

Einmütigkeit herrscht dagegen beim Thema Außenpolitik. Putin solle mit weiteren Sanktionen bestraft werden, betonen die Kandidaten einmütig. Lediglich der Grieche Tsipras wagt Widerspruch.

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