© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/14 / 23. Mai 2014

Zeitschriftenkritik: Skeptiker
Unverstandene Phänomene
Werner Olles

Der griechische Philosoph Protagoras (410–480 v. Chr.) lehrte, der Mensch sei das Maß aller Dinge. Als einer der Hauptvertreter des Skeptizismus leugnete er die Möglichkeit von Erkenntnis überhaupt. Seine modernen Epigonen sehen den Skeptizismus inzwischen immerhin als philosophisches Verfahren kritischer Besinnung auf die Grundvoraussetzungen menschlichen Denkens und Handelns. Dennoch sind auch sie davon überzeugt, daß die Erkenntnis von letzten Wahrheiten prinzipiell unmöglich ist. Doch bedeutet die Verabsolutierung des Skeptizismus, daß man ihn damit aufhebt. Daher gilt es ihm gegenüber skeptisch zu bleiben und sich an die konfuzianische Weisheit zu erinnern: „Einzugestehen, daß man etwas nicht weiß, ist Wissen!“

Skeptiker, die vierteljährlich von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) herausgegebene „Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken“ versteht sich als gesellschaftliche Avantgarde zur Verteidigung von „Vernunft“ und „Rationalität“. Anknüpfend an die Aufklärung des 18. und 19. Jahrhunderts ist ihr wichtigstes Anliegen die Bekämpfung gesellschaftlicher Strömungen, die als Bedrohung ihrer naturalistisch-szientistischen Ideologie angesehen werden. Dazu gehören unter anderem alternative Heilmethoden, die pauschal als „pseudowissenschaftlich“ abgetan werden, religiöse Bekenntnisse („Aberglauben“) und vor allem wissenschaftlich nicht erklärbare paranormale Phänomene, die mit Kampfbegriffen wie „Ersatzreligion“ oder „Verschwörungstheorie“ diffamiert werden.

Um so erstaunlicher ist es, daß in der aktuellen Ausgabe (1/2014), die sich in ihrer Titelgeschichte mit dem Kornkreisphänomen auseinandersetzt, neben einem „kritischen Experten“, der seine Erkenntnisse leider kaum kritisch reflektiert, auch ein Kornkreisforscher zu Wort kommt, der sich seit über 20 Jahren systematisch mit der Dokumentation und intensiven wissenschaftlichen Feldforschung der Kornkreise auseinandersetzt. Er hält die geometrisch komplexen Formationen in Getreidefeldern für ein noch größtenteils unverstandenes „echtes Phänomen“ und die Vorstellung, die Kornkreise seien – abgesehen von den bekannten Fälschungen – ein „großer Schwindel“, für falsch. Auszuschließen seien auch „simple Wetterphänomene“, stattdessen beobachte man neben einem variierenden Verlauf in der zahlenmäßigen Quantität einen gewissen Zyklus in der geometrischen Ausprägung der Kornkreisphänomene, deren Muster bereits in historischen Quellen, die sich seit Jahrhunderten zurückverfolgen ließen, beschrieben würden.

Ein weiterer Beitrag ist dem „Rechts-Esoteriker“ Axel Stoll gewidmet, der sich vor allem zu den Themen „Reichsflugscheiben“, „Hohlerde“, „Neu-Schwabenland“, „freie Energie“ und einem angeblichen NS-Weltraumprogramm, in dessen Rahmen eine Expedition mit Nikola Tesla zum Pluto stattgefunden habe, in einschlägigen Kreisen einen Namen gemacht hat.

Kontakt: GWUP, Arheilger Weg 11, 64380 Roßdorf. Telefon: 061 54 / 69 50 22. Das Einzelheft kostet 6 Euro, das Jahresabo 28 Euro. www.gwup.org

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