© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/14 / 30. Mai 2014

Aufgeschnappt
CDU für Thälmann
Matthias Bäkermann

Knappe 150 Meter mißt die Strecke, die derzeit im hessischen Rödermark einen handfesten geschichtspolitischen Streit provoziert. Ein Teil der Straße „Am Festplatz“ in dem idyllischen Städtchen zwischen Frankfurt und Darmstadt soll nämlich nach Ratsbeschluß vom 20. Mai künftig „Thälmann-Weg“ heißen. Mit den Stimmen seines CDU-Koalitionspartners konnte Bürgermeister Roland Kern (Grüne) seine Idee realisieren, den KPD-Führer der Weimarer Republik anläßlich seines 70. Todestages im August 2014 zu ehren. Schließlich war Ernst Thälmann „Opfer des NS-Regimes“, wie ein ergänzendes Zusatzschild erklären soll.

Die Opposition findet das aber nicht komisch: Die SPD verurteilt „das Gutheißen der kommunistischen Politik und seiner Feindschaft zur Sozialdemokratie“ als „Zeugnis beachtlicher Ignoranz gegenüber der geschichtlichen Wahrheit“. Auch die FDP ist empört, daß Rödermark nun eines „Radikalen“ und „Demokratiefeinds“ gedenkt. Denn anders als bei den Aberhunderten Thälmann-Straßen, die die DDR überdauerten, sei eine Umbennung 2014 völlig anachronistisch. FDP-Fraktionschef Tobias Kruger hofft nun, daß Rödermark ein „Josef-Stalin-Platz“ erspart bleibt. Immerhin war auch er ein großer antifaschistischer Kämpfer.

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