© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/14 / 30. Mai 2014

Branche mit Imageproblem
Rüstungsindustrie: Die jüngsten Enthüllungen über geschmierte SPD-Politiker schaden dem Ansehen von Rheinmetall und Co.
Christian Schreiber

Es ist eine Branche, der fast schon traditionell der Ruf des Unseriösen vorauseilt. Und in der vergangenen Woche sorgte ein deutscher Rüstungskonzern wieder einmal für Aufsehen.

Zwei ehemalige Bundestagsabgeordnete der SPD sollen Angaben des Waffenherstellers Krauss-Maffei Wegmann (KMW) zufolge mehr als fünf Millionen Euro an Honoraren erhalten haben. Es gebe dabei den Verdacht, daß es sich um Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit Geschäften des Münchner Rüstungskonzerns in Griechenland handeln könnte, berichtete die Süddeutsche Zeitung.

Schmiergeld für eine Panzerlieferung?

KMW hatte die brisante Untersuchung selbst in Auftrag gegeben, offenkundig waren Prüfer bei einer internen Revision auf belastenes Material gestoßen. Die Summe soll in den Jahren 2000 bis 2005 an die Beratungsgesellschaft der beiden früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Dagmar Luuk und Heinz-Alfred Steiner geflossen sein. KMW hatte im betreffenden Zeitraum Leopard-2-Panzer und Panzerhaubitzen für fast zwei Milliarden Euro nach Griechenland verkauft. Beide SPD-Politiker gehören seit 1994 dem Bundestag nicht mehr an, zählten aber zu den Verteidigungsexperten ihrer Fraktion.

Zuvor hatte ein früherer Rüstungseinkäufer im griechischen Verteidigungsministerium Ende vergangenen Jahres gestanden, bei den Panzer-Deals von griechischen Beratern des deutschen Konzerns bestochen worden zu sein. Der jüngste Vorfall wirft wieder einmal ein schlechtes Licht auf eine Branche mit einem akuten Imageproblem. Über das „Geschäft mit dem Tod“ spricht niemand gerne. Dabei ist die Rüstungsindustrie in Deutschland ein florierendes Geschäft.

Die Regierung müsse bei Rüstungsexporten künftig „mehr Mut“ zeigen, forderten im vergangenen Jahr die Wehrexperten von CDU und FDP. „Wer auf die Exportnation Deutschland stolz ist, darf das auch im Wehrtechnikgeschäft sein“, hieß es damals in einem Positionspapier. Jährlich veröffentlicht die Bundesregierung einen Rüstungsexportbericht.

Waffen für drei Milliarden Euro jährlich exportiert

Danach wird in schöner Regelmäßigkeit gestritten, wobei auch „Kriegstreiber“ oder „Kriegsprofiteure“ zu dem dann im Parlament verwendeten Vokabular gehört. Deutschland ist weltweit die Nummer drei bei Waffenexporten, nur die USA und Rußland exportieren mehr Kriegsgerät. Ein deutscher Exportschlager ist traditionell der Leopard-2-Kampfpanzer. Der ist weltweit begehrt, weil die beiden Herstellerfirmen Rheinmetall und eben KMW das Grundmodell ständig für neue Bedürfnisse weiterentwickelt haben.

Der in Düsseldorf ansässige Konzern Rheinmetall ist dabei mit zwei Milliarden Euro Umsatz auf dem Waffensektor der größte deutsche Rüstungskonzern. Zuletzt erzielte er mit dem Verkauf von Waffentechnik mehr als 230 Millionen Euro Gewinn. Rheinmetall lag zuletzt weltweit auf Platz 32 der Liste der größten Waffenbauer und zählt daher nicht zu den Marktführern.

Hinter dem Münchner Konzern KMW stehen mehrere Familien, die alle Nachfahren der Firmengründer oder der späteren Eigentümer von Wegmann & Co. sind. Sie halten 100 Prozent der Anteile am drittgrößten Panzerbauer der Welt, seit sie Siemens Ende 2012 seine Anteile von 49 Prozent abgekauft haben. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri veröffentlicht seit 1950 Fünf-Jahres-Statistiken darüber, welche Rüstungsexporte die einzelnen Länder betreiben. Dabei werden allerdings nur schwere Waffen wie Kampfflugzeug, Kriegsschiffe oder Panzer erfaßt. Im Jahr 2010 wurden demnach Waren im Wert von 3,1 Milliarden Euro aus der Bundesrepublik ausgeführt. Der Weltmarktanteil stieg dabei auf elf Prozent. Hauptabnehmer für deutsche Waffen sind die Türkei, Griechenland und Südafrika. Deutschland exportiert zudem eine Reihe von Kleinwaffen wie Gewehre, Pistolen und Handgranaten. Auf diesem Sektor ist der baden-württembergische Hersteller Heckler & Koch der bedeutendste Konzern in Deutschland. Weltweit gehört H&K zu den fünf größten Produzenten von Gewehren und Pistolen. Zuletzt setzte das Unternehmen mehr als 200 Millionen Euro um. H&K stand in der Vergangenheit mehrfach im Verdacht, Ausfuhrgenehmigungen durch unzulässige Einflußnahme auf Abgeordnete zu erwirken. Ende der neunziger Jahre sorgten zudem Parteispenden an CDU und FDP für Wirbel in der Öffentlichkeit.

Geliefert wird nicht in Krisengebiete

Rüstungsexporte haben im Nachkriegsdeutschland eine lange Tradition. Dabei galt ursprünglich die Prämisse, daß nicht in Krisengebiete geliefert wird. Dazu gehörte typischerweise der Nahe Osten, Israel wurde aufgrund des besonderen Verhältnisses zu Deutschland davon gern ausgenommen. Allerdings fanden auch Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien statt, jedoch mit israelischem Einverständnis. Der langjährige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) verfuhr stets nach dem Motto: „Alles, was schwimmt, geht“ – und begründete damit Waffenlieferungen in Krisengebiete, weil man Schiffe doch kaum gegen Demonstranten einsetzen könne. Die rechtlichen Voraussetzungen werden durch das Außenwirtschaftsgesetz und Kriegswaffenkontrollgesetz geschaffen, die jeweiligen Export-Erlaubnisse werden vom Bundessicherheitsrat der Regierung erteilt.

Foto: Leopard 2: Das wichtigste und bekannteste Exportprodukt der milliardenschweren Branche, der Kampfpanzer Leopard 2, während einer Gefechtsübung

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