© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/14 / 06. Juni 2014

Blick in die Medien
Warten auf die Weltmeisterschaft
Toni Roidl

In Kürze startet die Fußball-WM in Brasilien. Bei ARD und ZDF hat sie schon begonnen. Die öffentlich-rechtlichen Sender berichten mit Hochdruck. Das Problem: Es gibt noch nichts zu berichten. Und so laufen die Reporter-Teams, die vor dem Trainingslager der Nationalelf in Südtirol herumlungern, in einer journalistischen Disziplin zur Hochform auf: Nicht-Ereignisse zur Sensationsmeldung aufzupumpen.

Wir erfahren beispielsweise ausführlich, daß am Vatertag erstmals alle 26 Kaderspieler auf dem Trainingsplatz erschienen – auch wenn noch nicht alle mit dem Ball trainieren konnten. Echt? Wahnsinn!

Khedira: „Mir geht’s gut.“ Da sind die Zuschauer nach dem Schock aber sicher erleichtert!

Bei einem Testspiel gegen U20-Nachwuchs tat sich Sami Khedira bei einem leichten Rempler kurz am Knie weh. Mehrere Sonderseiten walzen die Schramme in epischer Breite aus, inklusive Interview mit Khediras Knietherapeut („Wie vermeiden Sie Langeweile in der Reha?“ „Sind Sie während der Behandlung Freunde geworden?“). Khedira gab schließlich selbst Entwarnung: Es gäbe keineVerletzung. Er habe einen Schlag auf das Knie bekommen in einem Zweikampf, das sei ein bißchen unglücklich gewesen. Es täte kurz weh, das sei ganz normal. Nach einer Minute wäre das erledigt, er hätte normal weiterspielen können. „Mir geht’s gut.“ Da sind die Zuschauer nach dem Schock aber sicher erleichtert!

Ein Autounfall bei einer Werbeaktion am Rande des DFB-Trainings sorgte für weitere Schock-Schlagzeilen. Dann endlich die Aufmachermeldung: Der leichtverletzte Gemeindeangestellte konnte das Krankenhaus am nächsten Tag wieder verlassen. Nachrichten, die Deutschland bewegen.

Zurück auf dem Rasen: Bastian Schweinsteiger wird behutsam an das Training herangeführt, melden die Korrespondenten, auch wenn er noch nicht mit dem Ball trainiert. Ein echter Actionreport. Das Fazit der ARD-Berichterstattung ist ähnlich aufregend: „Titel kann man nicht planen.“ Gut, daß uns die Öffentlich-Rechtlichen darüber so umfassend informieren.

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