© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/14 / 13. Juni 2014

EZB senkt Leitzins auf historischen Tiefstand
Bankrotterklärung
Dirk Meyer

Die Europäische Zentralbank (EZB) feuert aus vollen Rohren mit der Geldkanone: Unter ihrem italienischen Präsidenten Mario Draghi hat sie den Leitzins, zu dem sich die Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld leihen können, auf ein Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt. Zudem drückte der EZB-Rat den Einlagesatz auf minus 0,1 Prozent. Zukünftig müssen Geschäftsbanken also Zinsen zahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der Notenbank parken.

Dieser negative Zins – gewissermaßen ein Strafzins – kommt einer geldpolitischen Bankrotterklärung des alten Europas gleich. Egal wieviel Geld die EZB auf die Märkte pumpt, es wird ihr nicht gelingen, die Kreditversorgung in den Krisenstaaten der Euro-Zone anzukurbeln, weil sie die Krisenursachen nicht bekämpft: die mangelnde Wirtschafts- und Kaufkraft Südeuropas, die wiederum Folge ausbleibender Stukturreformen ist. Genau hier beginnen die Gefahren. Es steigt der Druck, Kredite für Investitionen mit geringen Ertragsaussichten auszuleihen. Schon heute vergeben spanische Banken wieder Immobilienkredite mit einer 100prozentigen Beleihung. Sogar das schuldenschnittreife Griechenland kommt aufgrund des Anlagenotstandes – abgesichert über das OMT-Programm der EZB – an günstige Kredite auf dem Finanzmarkt. Daraus resultieren Fehlinvestitionen und Blasen auf den Aktien- bzw. Immobilienmärkten. Ganz sicher ist: Die Staatsschuldenkrise wird wieder aufflammen.

Der Strafzins wirkt letztlich negativ auf die angeschlagenen Banken in den Krisenstaaten. Die Anreize steigen, weniger Liquiditätspuffer zu halten. Dadurch wächst die Gefahr der Instabilität. Das dänische Experiment mit Strafzinsen zeigt zudem, daß die Banken die Kosten auf den Verbraucher überwälzen. Am Ende sind Kredite teurer als zuvor. Die gute Absicht wird zur bösen Tat.

 

Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ordnungsökonomik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.

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