© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/14 / 13. Juni 2014

Patagonien ohne Schrecken
Ein Reisebericht aus Südamerika, der auch ohne spektakuläre Gefahren und Abenteuer lesenswert bleibt
Wiebke Dethlefs

Zu Fuß und mit dem Rad durch Kamt-schatka, den Amazonas-Regenwald oder sogar um die ganze Welt: Reiseberichte spektakulärer Art sind mittlerweile Legion. Detlef A. Hubers Buch „Zwischen Walen und Windeln am Ende der Welt“ nimmt darunter eine charmante Ausnahmestellung ein. In launiger Form schildert der Anwalt und Unternehmensberater, wie er sich ein berufliches „Sabbatjahr“ genommen hat und mit Frau und zwei kleinen Kindern zusammen mit geländetauglichem Wohnmobil in sieben Monaten Südamerikas Südhälfte auf wechselnden Routen erkundete – zwischen den Pampas und den einsamen Fjorden des chilenischen Südpatagonien. Zum Ende der Reise macht die Familie noch einen Abstecher nach Uruguay und Brasilien. Sympathisch schildert Huber, auch ohne spektakuläre oder gar lebensbedrohende Vorfälle zu präsentieren, seine Eindrücke, ohne dabei in den Banalitäten des Alltags auf dem doch recht ungewöhnlichen Ausflug zu verharren.

Jeder kann die Reise ohne Gefahr wiederholen

Er reflektiert Begegnungen mit Einheimischen und bildungsfernen US-Touristen, kann aber auch wortmächtige, illustrierende Beschreibungen dieser einsam-schönen Landschaften aufbieten. Das Wohnmobil hält eisern durch: auf der argentinischen Carretera Austral, während der Durchquerung der chilenischen Atacamawüste, auf den holprigen Paßwegen unterhalb des Aconcagua.

Damit bereitet er ein spannendes Lesevergnügen – vor allem auch deshalb, da jeder Lust bekommt, diese Tour einmal selbst auf die gleiche Weise zu machen. Denn nirgendwo gab es, weder beim Hafenzoll in Buenos Aires noch irgendwo an den innerkontinentalen Grenzen, irgendwelche Probleme. Benzin und Verpflegung waren überall ausreichend zu bekommen. Das ist vielleicht die schönste Botschaft des Buches: Jeder kann die Reise ohne Gefahr für Leib und Leben wiederholen. Nur der sperrige und sprachlich holprige Buchtitel, der auch das Wesen der vorliegenden Reisebeschreibung nicht erfaßt, irritiert. Denn Walen begegneten sie nur kurz an der argentinischen Ostküste, und die Kinder waren vom Alter her aus den Windeln schon heraus. Und vom Ende der Welt kann man in Südamerika im Dreiecke Santiago–Buenos Aires–Südpatagonien zumindest am Anfang des 21. Jahrhunderts auch nicht mehr reden. Dennoch: Uneingeschränkt zu empfehlen.

Detlef A. Huber: Zwischen Walen und Windeln am Ende der Welt. Einmal quer durch Südamerika. Wiesenburg Verlag, Schweinfurt 2013, 282 Seiten, broschiert, Abbildungen, 17,90 Euro

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