© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/14 / 20. Juni 2014

Grüße aus Madrid
Bumerang auf den Balearen
Michael Ludwig

Die konservative spanische Volkspartei PP auf den Urlaubsinseln Mallorca, Ibiza, Menorca und Formentera wollte ihren Mitgliedern ein besonderes Geschenk machen – sie verteilte unter den rund 22.000 eingeschriebenen Anhängern die „Tarjeta blava“, eine Karte, die in etwa 300 Geschäften, Hotels, Bars und Restaurants einen Rabatt zwischen fünf und 15 Prozent bewirkt. Der Generalsekretär der PP auf den Balearen, Miquel Vidal, nannte das Projekt freudestrahlend „eine Pionierarbeit und ausgesprochen innovativ“, es solle den Parteigängern einen „Mehrwert“ verschaffen und sich an den „neuen Zeiten“ orientieren.

Der Regierungschef hatte alle Hände voll zu tun, die Gemüter zu beruhigen.

Doch die Freude währte nicht lange. Schon kurze Zeit später tauchten in den sozialen Netzwerken die ersten Kritiken auf, die sich schließlich zu einem regelrechten Tsunami auswuchsen. Die teilnehmenden Geschäfte wurden nicht nur wüst beschimpft, sondern auch mit Boykottaufrufen überzogen. Die linke Opposition und nationalistische katalanische Gruppen versuchten, aus dem sicherlich unglücklich gewählten Werbegag politischen Honig zu saugen. Der frühere Senator der Ökobewegung Mes, Pere Sampol, erklärte kategorisch, er werde Geschäfte, die sich auf der PP-Liste befinden, „niemals wieder betreten“.

Der Regierungschef der Balearen, José Ramón Bauzá, hatte alle Hände voll zu tun, um die Gemüter zu beruhigen. Im Parlament von Palma de Mallorca betonte er, daß die Initiative seiner Partei „legal“ sei, und auch Gewerkschaften würden ähnliche Rabattabsprachen mit Firmen aushandeln. Die PP-Sprecherin Mabel Cabrer legte nach und beschuldigte die Anhänger der Sozialistischen Partei und von Mes, eine Kampagne zu inszenieren wie die Nationalsozialisten während des Dritten Reichs, als sie jüdische Geschäfte mit dem Davidstern beschmierten.

Die Unternehmer sind inzwischen unsicher geworden, ob sich die „Tarjeta blava“ nicht als kommerzieller und rufschädigender Bumerang erweist. Viele wollen von der Liste gestrichen werden. Der Präsident des Handelsverbandes der Balearen, Bartolomé Servera, wies zwar auf die Freiheit der Unternehmer hin, derartige Rabattgeschäfte abzuschließen, ist aber der Meinung, daß die PP die Karte zurückziehen sollte. Pau Bellinfante von der Unternehmervereinigung Afedeco bat die PP, „die Rabattkarte zeitlich auszusetzen, bis sich die Dinge geklärt haben.“

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