© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/14 / 27. Juni 2014

Die flächendeckende Biotonne kommt
Gruß an den Klüngel
Markus Brandstetter

Im Januar 2015 soll die Biotonne flächendeckend in Deutschland eingeführt werden. Das klingt auf den ersten Blick sinnvoll: Der Bioabfall aus dem ganzen Land wird nicht mehr mit dem Restabfall vermischt, sondern gelangt, fein säuberlich getrennt, in separate Biotonnen, und von da weg geht es zu riesigen Kompostier- und Vergärungsanlagen, aus denen am Schluß gute neue Erde rauskommt, die unseren Planeten schon wieder ein bißchen besser, saftiger und grüner macht. Die Treibhausgase, die bei der Müllverbrennung entstehen, und das Phosphat, das aus Mülldeponien in den Boden gelangt, sollen durch das neue Gesetz ebenfalls reduziert werden. Klingt das gut? Auf jeden Fall. Leider liegt der Fall in der Realität ein bißchen anders.

Fangen wir mit der Idee zur Einführung der flächendeckenden Biotonne an. Sie entstammt nicht dem demokratisch artikulierten Bürgerwillen, sondern den Beamtenhirnen in den Amtsstuben der EU-Bürokratie, die die EU-Norm 13432 erlassen hat, nach der in allen Mitgliedsstaaten Biomüll getrennt einzusammeln ist.

Wie so oft bei EU-Normen trägt der Bürger den Aufwand neuer Verordnungen, während die Lobbygruppen den Ertrag einheimsen. Die Müllentsorger frohlocken, denn sie wittern Millionengeschäfte mit Biokunststoff-Mülltüten, in die Zwiebeln, Salatblätter, Eierschalen und gebrauchte Tampons ab Januar 2015 gepackt werden müssen.

Und dann gibt es noch technische und wirtschaftliche Fragen, die bislang nicht beantwortet sind. So bezweifelt die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland e. V. in einer aktuellen Studie die von der EU-Kommission prognostizierte „erhebliche Umweltentlastung“, weil die positiven Effekte der bestehenden Praxis – zum Beispiel aus der Hauskompostierung – unterschlagen und mögliche Negativeffekte ausgeblendet wurden. Im Bereich der Phosphorrückgewinnung liegen die erwarteten Vorteile bei ein bis zwei Prozent und im Treibhausgasbereich bei bestenfalls 0,2 Prozent der Gesamtemission – Peanuts also. Dafür kostet die flächendeckende Biotonne jedoch das Zehnfache bekannter und bewährter Alternativen.

Was passiert am Ende mit dem Biomüll, den wir so sorgsam in Bioplastiktüten sortiert haben? Wird daraus Mutterboden, Biogas oder Dünger? Leider selten bis nie. Das meiste landet zusammen mit anderen brennbaren Anteilen des Hausmülls in der Müllverbrennung. Die vielen subventionierten Biogasanlagen werden statt dessen mit EU-subventioniertem Mais gefüttert, da ist für Biomüll, der jede Menge Glas, Plastik und Metall enthält, kein Platz; die Pumpen würden das gar nicht aushalten. Die ganze Aktion ist nur ein Geschenk der Politik an die Entsorgungsunternehmen, das die Umwelt um keinen Deut besser, dem Bürger das Leben dafür aber schwerer und teurer macht.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen