© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/14 / 18. Juli 2014

Urteil: Deutschtest widerspricht EU-Recht
Luxemburg greift an
Michael Paulwitz

Die Türkei- und Einwanderungslobby jubelt, das Bundesinnenministerium leistet hinhaltenden Widerstand. Mit seinem Deutschtest-Urteil maßt sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) einmal mehr an, das „Allgemeininteresse“ der Nationalstaaten nach seinem Gusto umzudefinieren. Im Namen des zu quasireligiösen Weihen erhobenen EU-Prinzips der „Niederlassungsfreiheit“ torpediert der EuGH die ohnehin unzulänglichen Vorkehrungen, mit denen sich das Einwanderungs-Hauptzielland Deutschland noch gegen den Mißbrauch der Familienzusammenführung zur unkontrollierten Einwanderung durch die Hintertüre zu schützen versucht.

An dem Luxemburger Urteil frappiert nicht nur die Dreistigkeit, mit der vierzig Jahre alte Vertragsklauseln gegen die geänderten Realitäten von heute ausgespielt werden. Wie selbstverständlich legt der EuGH das Assoziierungsabkommen mit der Türkei so aus, als sei das Land am Bosporus längst Vollmitglied der Europäischen Union. Der Luxemburger Angriff auf die Deutschtest-Pflicht beim Ehegattennachzug türkischer Staatsangehöriger dient dabei letztlich nicht den Interessen hier lebender Türken, sondern denen der Regierung in Ankara und ihrer deutschen Lobby-Abteilung. Deutschland steckt in einem europäischen Vertragskorsett, das souveräne Politik Zug um Zug unmöglich macht.

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