© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/14 / 18. Juli 2014

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Dolly Parton in der O2-World in Berlin-Friedrichshain. Das Publikum ist bunt gemischt, neben Countryfans mit Cowboyhüten und Westernhemden sowie zahlreichen Schwulen-Pärchen fallen vor allem etliche Dragqueens ins Auge, die sich wie Dolly aufgebrezelt haben. Die inzwischen 68jährige US-Countrysängerin gilt als Liebling der Gay-Community, nicht zuletzt wegen ihrer puppenhaften Erscheinung. Gleich zu Beginnn ihrer Show witzelt die im evangelikal geprägten „Bibelgürtel“ Amerikas in einer gottesfürchtigen Großfamilie aufgewachsene Dolly Parton, sie freue sich, daß so viele Karten gekauft hätten, sie könne das Geld gut gebrauchen. Denn – sie zeigt auf ihren Körper – „es kostet ein Vermögen, so billig auszusehen“.

Kürzlich begegnete ich einem alten Freund wieder. Er war gerade aus einem Kurzurlaub zurückgekehrt, braungebrannt, gut erholt. Trotzdem stutzte ich, irgend etwas an ihm sah anders aus als bei unserem letzten Treffen. Plötzlich fiel es mir auf: Er hatte sich die Haare gefärbt. Ich mußte zweimal hinsehen. Sicher, mit seinen 45 Lenzen fing er an, grau zu werden. Aber was machte das schon? Im Gegenteil, der Damenwelt gefiel’s sogar. Auf meine Frage nun, was das denn solle, erklärte er umständlich, er habe mit einer „leichten Tönung“ nur eine „Grauabdeckung“ gewollt, offensichtlich aber eine Färbung bekommen. Gleichviel, damit muß er leben. Mir jedoch sind Männer suspekt, die sich ihre Haare tönen beziehungsweise färben (lassen).

Zwischen den einzelnen Liedern erzählt Dolly Parton immer wieder aus ihrem Leben. So werde sie oft gefragt, wie lange sie für ihre Haare brauche. Sie antworte dann: „Das weiß ich nicht, ich bin nicht dabei.“

Es gibt einen guten Grund, weshalb sich Fünfzigjährige nicht so aufführen sollten, als seien sie höchstens halb so alt: Sie machen sich komplett zum Affen.

Während der Show „Curvy is sexy“ im Römischen Hof – Palazzo Italia Unter den Linden präsentieren Modedesigner im Rahmen der diesjährigen Berliner Fashion Week Kleider für Frauen mit den Konfektionsgrößen 38, 40, 42. Frei nach dem Motto, das für die Model-Szene schon seit längerem einen Trend markiert: Mager war gestern. Als ich mit einer gertenschlank-kurvigen Freundin darüber spreche, die 34/36 trägt, erzählt sie mir von ihrer Großmutter, die ihr schon sehr früh folgende Lebensweisheit mit auf den Weg gegeben habe: „Echte Frauen haben Kurven, echte Männer wissen das.“

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