© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/14 / 18. Juli 2014

Gebrochene Helden
Kino: „Feuerwerk am hellichten Tage“
Claus-M. Wolfschlag

Einem Ausflug in für Westeuropäer exotische Welten gleicht der dritte Spielfilm des chinesischen Regisseurs Diao Yinan. Die Kriminalgeschichte beginnt 1999, als in mehreren Kohleanlagen Leichenteile gefunden werden. Bei der Festnahme Verdächtiger kommt es zu einem Schußwechsel, mehrere Polizisten sterben. Der wegen des Vorfalls traumatisierte Polizist Zhang Zili (Liao Fan) arbeitet fortan als privater Sicherheitsmann und wird Alkoholiker.

Fünf Jahre später werden erneut verstreute Leichenteile gefunden. Ein ehemaliger Kollege informiert Zhang Zili darüber, der beschließt, auf eigene Faust zu recherchieren. Er findet heraus, daß die Opfer allesamt mit der jungen Frau Wu Zhizhen (Kwai Lun-Mei) liiert waren, die in einem Reinigungsgeschäft arbeitet. Zhang Zili nimmt Kontakt zu der Frau auf, macht ihr Avancen, verabredet sich mit ihr. Nach anfänglich abweisender Haltung geht die Frau darauf ein, und der Privatermittler kommt der Lösung des Falles näher.

Stimmungsvolle Kamerafahrten

„Feuerwerk am hellichten Tage“ wurde auf der diesjährigen Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Der Streifen präsentiert sich in der Tradition des „Film noir“, wenngleich der kulturelle Unterschied zum europäischen und US-Kino unübersehbar ist. Die allesamt gebrochenen Helden treffen in düsteren Gassen und schäbigen Stuben bei schalem Neonlicht aufeinander. Wenig ist von der boomenden Wirtschaftsregion China zu erkennen. Kohlehalden, Güterzüge, Industriebrachen und heruntergekommene Wohngegenden prägen die Szenerie. Inmitten dieser öden Melancholie finden sich die für westliche Augen exotisch agierenden Figuren. Erstarrte, fast autistisch wirkende Gesichtsmasken wechseln jäh zu lauten Gefühlsausbrüchen und brutalen Handlungen.

Veredelt wird die manchmal befremdende Inszenierung durch stimmungsvolle Kamerafahrten und Schnitte. Die Autofahrt in einen Verkehrstunnel des Jahres 1999 schließt mit der Ausfahrt in das verschneite 2004. Die zuvor beim Helden liegende Kameraperspektive wechselt kurzfristig und zeigt die Sicht eines den Helden bestehlenden Kleinkriminellen. Die wiegenden Bewegungen der Schlittschuh laufenden Frau wirken so aus der realen Welt gefallen wie die plötzlichen Momente sexueller Gewalt. So wird dieser Film maßgeblich durch seine Atmosphäre getragen, weniger durch die eher schlichte Auflösung des Geschehens.

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