© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/14 / 08. August 2014

Lesereinspruch

Keine Reinheit

Zu: „Brühe made in USA“ von Heiko Urbanzyk (JF 31-32/14)

Der Autor lobt das „Deutsche Reinheitsgebot von 1516“ zu Unrecht als Qualitätsstandard. Denn die Zeiten davor waren nicht „düster für Biertrinker“, wurden doch viele verschiedene leckere Kräuterbiere gebraut, die heute leider alle unbekannt sind. Neben Lorbeer wurden Melisse, Fenchel und Salbei eingesetzt. Besondere Bedeutung hatte der Grut (Gagelstrauch, Heidemyrte), ein wildwachsender Strauch der norddeutschen Moor- und Heidegebiete. Daher stammt auch die alte Bezeichnung „Grutrecht“ für das Recht zu brauen.

Das „Deutsche Reinheitsgebot von 1516“, das den ausschließlichen Gebrauch von Hopfen verordnete, hatte die „Reinheit“ nicht im Sinn. Es war in Wahrheit ein Steuergesetz gegen Schwarzbrauer unter dem Deckmäntelchen der Volksgesundheit. Hopfen erreicht eine Höhe von mehr als sechs Metern und war vor den Augen der Obrigkeit nicht so leicht zu verbergen wie Kräutermischungen von Wald und Wiese. Durch Besteuerung der Hopfengärten war dem Schwarzbrauen ein wirksames Ende gesetzt. Die Nachteile des Hopfens werden bis heute billigend in Kauf genommen.

Dr. Siegfried W. Schmidt, Asslar

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