© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/14 / 15. August 2014

Rot-grüner Griff nach der Medienmacht
Nordrhein-Westfalen: Die Pläne der Landesregierung für eine Journalismus-Stiftung sorgen für Irritationen
Paul Humberg

Welche Regierung würde nicht davon träumen, eine eigene Journalisten-Stiftung ins Leben zu rufen und ihr einen schönen Namen zu geben, der nach Weltoffenheit und liberaler Geisteshaltung klingt? Diese selbstverständlich vom Regenten völlig unabhängige Stiftung könnte zum Beispiel „Recherche-Stipendien“ vergeben, die Aus- und Fortbildung von Journalisten finanzieren und so einen „Beitrag zur Förderung lokaler und regionaler Vielfalt leisten“.

Wer der Meinung ist, dies rieche ganz gewaltig nach langweiligem, systemkonformem Staatsjournalismus, dürfte auf lange Sicht wohl recht behalten. Auf die Idee, eine solche von den Zeitungsverlagen mit Argwohn betrachtete Stiftung ins Leben zu rufen, ist man jüngst nicht etwa in Weißrußland, sondern in Düsseldorf gekommen. Im Zusammenhang mit dem neuen Landesmediengesetz wurde jetzt nämlich die Einrichtung einer „Stiftung Partizipation und Vielfalt“ beschlossen. Nicht nur die Union und die FDP an Rhein und Ruhr befürchten, daß sich hinter diesem Euphemismus ein Angriff auf die Pressevielfalt und Pressefreiheit verbirgt.

Das Gesetz geht zurück auf den seit 2010 amtierenden Staatssekretär bei der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes NRW, Marc Jan Eumann. Dieser geriet erstmals 2002 während der Kölner Spendenaffäre in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, daß er fingierte Spendenquittungen erhalten und beim Finanzamt eingereicht hatte.

Sorge um die Demokratie

Einige Aufregung gab es auch um seine Doktorarbeit. Eumann hatte 1991 eine Magisterarbeit geschrieben, die er rund 20 Jahre später noch einmal einreichte – diesmal als Dissertation aufgehübscht. Eumann darf sich weiter „Herr Doktor“ nennen – auch wenn der Fakultätsrat der Technischen Universität Dortmund diesbezüglich große Bedenken hegte. Bei Christdemokraten hätte man wohl härter durchgegriffen.

Wer gegenüber einem solchen Politiker eine gesunde Skepsis hegt, dürfte nicht ganz falsch liegen, auch wenn der Sozialdemokrat sagt, er wolle nur das „Ökosystem Journalismus“ erhalten. Eumann, der in den achtziger Jahren selbst journalistisch tätig war, gibt an, ihn treibe die Sorge um die Zukunft des Journalismus um. Daß die Medienvielfalt beispielsweise im Ruhrgebiet immer mehr abnimmt, ist eine Tatsache. Doch warum sollte sich ausgerechnet der Staat in den Zeitungsmarkt einmischen und das Geschäft nicht den Verlagen überlassen?

Ein erster Schritt könnte sein, Waffengleichheit zwischen öffentlich-rechtlichen und privat finanzierten Medien herzustellen und beispielsweise darauf hinzuwirken, daß WDR und Co. ihre gebührenfinanzierten Onlineangebote nicht stetig ausweiten dürfen. Eumann, von 1995 bis 2010 Mitglied im WDR-Rundfunkrat und seit 2010 Mitglied im ZDF-Fernsehrat, denkt natürlich anders. Seine schöne Stiftung soll mit jährlich 1,6 Millionen Euro den Lokaljournalismus fördern. Die nötige Kohle wird aus der Rundfunkabgabe finanziert.

Um die Irrwitzigkeit des Vorhabens zu illustrieren, sei folgendes Gedankenexperiment gewagt: Hätte eine Stiftung mit Namen „Partizipation und Vielfalt“ wohl im Jahr 2002 Lokaljournalisten mit einem Recherchestipendium unterstützt, um den Kölner SPD-Spendenskandal aufzuklären? Insofern ist es keine Übertreibung, die Stiftung selbst als Gefahr für die Demokratie zu bezeichnen, da sie der Verstaatlichung oder Vergesellschaftung von Medien Tür und Tor öffnet. Jeder Journalist mit einer gewissen Berufsehre würde die Annahme von Staatsknete ablehnen, da sie ihn in den Verdacht der Abhängigkeit brächte.

Daß Rot-Grün nach der Medienmacht in NRW greift, wird auch durch den jüngsten Schachzug bei der Landesanstalt für Medien (LfM) belegt. Diese soll die 1,6 Millionen Euro aus dem Gebührenaufkommen zur Verfügung stellen. Der jetzige LfM-Direktor ist ein Christdemokrat und Historiker. Ins neue Mediengesetz hat die Landesregierung nun geschrieben, daß der künftige Direktor ein Jurist sein müsse. 2016 könnte also die parteilose Justitiarin der grünen Landtagsfraktion zur neuen Direktorin gewählt werden. Sie hatte 2010 noch gegen den jetzigen Direktor mit CDU-Parteibuch verloren.

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