© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/14 / 15. August 2014

Ungeliebte weiße Farmer
Namibia: 25 Jahre nach der Unabhängigkeit sorgt die hochgelobte Landreform für Negativrekorde
Yorck Tomkyle

Robert Mugabe läßt kaum einen Moment aus, um sich in Sachen „Weiße Farmer in Simbabwe“ zu Wort zu melden. Es sei nicht hinnehmbar, so der 90jährige Diktator zuletzt im Juli, daß Weiße weiterhin in Simbabwe Land „besetzten“. Es müßten nun auch die letzten 500 Farmer gehen.

In dem südafrikanischen Land läuft seit Jahren eine Kampagne, die das Ziel hat, mit Gewalt und Einschüchterungen die ungeliebten Staatsbürger, die traditionell das Rückgrat der Wirtschaft des Landes bildeten, zu vertreiben. Das Farmland soll enteignet und an die Schwarzen „zurückgegeben“ werden.

In der Praxis wurden die besten Farmen an einflußreiche Parteigänger Mugabes verschoben, während die übrigen Farmen durch zu kleine Parzellierungen, Unfähigkeit der neuen Betreiber und die grassierende Korruption fast ausschließlich eingingen.

Namibias Fleischindustrie im freien Fall

Die einstige Kornkammer des südlichen Afrika ist durch diese Politik zum Armenhaus geworden. Millionen fristen mit oder ohne Arbeit ein Leben unterhalb der Armutsgrenze oder sind mangels Perspektiven außer Landes geflohen. Schuld daran sind laut Mugabe einmal mehr die wenigen noch verbliebenen weißen Farmer.

Die wechselnden Machthaber in den Anrainerstaaten – insbesondere in Namibia und Südafrika – verfolgen seit Jahren mit Interesse die Entwicklung in dem einstigen nachkolonialen Vorzeigestaat; gibt es doch auch dort unter der schwarzen Bevölkerung eine wachsende Unzufriedenheit mit der schleppenden Umverteilung des Farmlandes.

Angesichts der desolaten Lage in Simbabwe, die maßgeblich durch die Vertreibung der weißen Farmer ausgelöst worden ist, dürfte in den Nachbarländern aber wenig Euphorie herrschen.

In Namibia ist es nun 25 Jahre her, daß die Apartheid abgeschafft und das Land von Südafrika unabhängig wurde – Zeit für ein Resümee im Hinblick auf eines der größten und tiefgreifendsten Projekte: die Landreform.

In Namibia herrschen zunächst andere geologische Voraussetzungen als in Simbabwe. Das Land besteht zum überwiegenden Teil aus Wüsten und Halbwüsten, wodurch eine landwirtschaftlich sinnvoll nutzbare Farm vergleichsweise deutlich größer sein muß als im Nachbarland. Während Simbabwe in guten Zeiten weltweit zweitgrößter Tabakexporteur war, ist Farmland in Namibia aufgrund der Bodenbeschaffenheit und der geringen Regenmenge vor allem für die Viehzucht geeignet.

Die Bevölkerungsdichte ist in Namibia nicht so hoch wie im Nachbarland, so daß der politische Druck auf die Entscheidungsträger geringer ist.Die Voraussetzungen, unter denen eine Landreform in Namibia vorgenommen werden kann, sind also nicht unbedingt mit denen Simbabwes zu vergleichen. Das mag auch einer der Gründe sein, warum sie in Namibia bislang geräuschloser durchgeführt wurde. Hier, und das muß betont werden, herrschen keineswegs die gesetzlosen Zustände wie in Mugabes Reich.

Dennoch nimmt der Druck auf die weißen Farmer auch hierzulande zu, und es lassen sich in einigen Bereichen ähnliche Tendenzen ausmachen wie in Simbabwe. So werden auch in Namibia die Filetstücke an Mitglieder der herrschenden Kaste verteilt und kommen keineswegs den Landlosen zugute, wegen denen die Reform angeblich angestoßen worden war.

Das Gros der vom Staat aufgekauften Farmen wird aber in Parzellen aufgeteilt – 1.500 Hektar im Norden und 2.000 im Süden – die unter den geologischen und klimatischen Bedingungen viel zu klein für eine sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung sind. Hinzu kommt, daß die angesiedelten Neubauern oftmals keinerlei Wissen über professionelle Landwirtschaft haben und bestenfalls für den Eigenbedarf produzieren können.

Technisches Gerät wird gestohlen oder zerstört, so daß eine moderne Landwirtschaft schließlich auch nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis verkommen einstmals prosperierende Farmen mit einem wichtigen Anteil an der Wirtschaftskraft Namibias zu parzelliertem Busch- und Wüstenland, dessen Bewohner immer mehr vom Staat subventioniert werden müssen.

Das größte fleischverarbeitende und -exportierende Unternehmen Namibias – Meatco – hat im Jahre 2012 als Folge dieser Politik 24 Prozent weniger Vieh geschlachtet als 2011 – Tendenz weiter fallend. Im Gegenzug steigt die Arbeitslosigkeit auf dem Land durch Entlassung vieler gut ausgebildeter Farmarbeiter.

Im Endeffekt nimmt dadurch auch die Landflucht weiter zu, so daß die Townships der Apartheidsära am Rande der Städte ein stetig wachsendes Sammelbecken der Unzufriedenen werden; mit allen brisanten gesellschaftspolitischen Folgen.

Genau dies war anfangs auch das Problem Mugabes. Er entschloß sich, mit rabiaten Mitteln dagegen anzugehen und stürzte sein Land damit in eine fatale Abwärtsspirale. Es bleibt abzuwarten, ob das Beispiel den Machthabern in den anderen Post-Arpartheidstaaten des südlichen Afrika eine ausreichende Warnung ist. Namibias Premierminister Hage Geingob jedenfalls dementierte laut einem Bericht der in Windhuk erscheinenden Allgemeinen Zeitung Medienberichte, denen zufolge er für Namibia eine Landreform nach simbabwischem Vorbild ausgeschlossen habe. Dennoch unterstrich er, daß sich Namibia an die Gesetze halten und die Landreform „bis auf weiteres nach dem Prinzip des willigen Käufers, willigen Verkäufers vorantreiben“ werde, obwohl dieser Prozeß „nur langsam“ vorankomme.

 

Deutsche Hilfe bei der Landreform

Historisch bedingt ist Namibia seit seiner Unabhängigkeit 1990 ein Hauptpartner für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Ein Hauptpfeiler dieser Kooperation ist die technische und finanzielle deutsche Hilfe bei der Landreform. Entsprechend problematisiert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammanarbeit und Entwicklung (BMZ) die Lage: „ Wenige, überwiegend weiße Großfarmer kontrollieren trotz erster Erfolge einer Land­reform noch etwa 80 Prozent des kommerziellen Farm­landes.“ Im Auftrag des BMZ unterstützt die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das namibische Landministerium „bei der Umsetzung seiner umfassenden Landreformstrategie für fairen und gerechten Zugang zu Land“. Ende Juli 2014 wurde in Windhuk ein weiteres Kooperationsabkommen über Technische und Finanzielle Zusammenarbeit in Höhe von 73,2 Millionen Euro unterzeichnet. Davon sind 37,2 Millionen Euro für die Landreform, sowie für Vorhaben im Bereich HIV/AIDS und für die Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit Namibias vorgesehen..

Foto: Auf der Farm Tivoli in der Nähe der Stadt Rehoboth: Besitzer Reinhold Schreiber bietet auch Gästebetten an (www.tivoli-astrofarm.de)

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