© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/14 / 15. August 2014

Zeitschriftenkritik: Nouvelle Ecole
Das Erbe der Germanen
Karlheinz Weissmann

Wenn man bedenkt, welche Rolle bei den Verdächtigungen gegen die französische Neue Rechte Germanophilie im allgemeinen und Interesse am Altgermanischen im besonderen gespielt hat, erstaunt doch, daß erst jetzt – im fünfundvierzigsten Jahr – eine Themenausgabe ihrer einst von Alain de Benoist gegründeten Zeitschrift Nouvelle Ecole erscheint, die „Die Germanen“ behandelt (kartoniert, 260 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 30 Euro). Die Indoeuropäer, die Kelten und die Griechen sind unter den maßgebenden alten Völkern längst gewürdigt und die Römer folgten kürzlich, aber die Germanen mußten bis zur Nummer 63/64 warten. Und wer nun Ideologisches erhofft oder befürchtet, wird sich enttäuscht sehen. Es geht nicht um nordisch-blond-blauäugige Edelmenschen, eher um eine Art Bestandsaufnahme des heutigen Kenntnisstandes, auch und gerade dann, wenn die präsentierten Fakten und Zusammenhänge nicht im Fokus des allgemeinen Interesses liegen oder „umstritten“ sind.

Das bezieht sich schon auf den Beitrag von Benoist über ältere und neuere Theorien zum Ursprung der Runen, aber auch auf die Abhandlung von Jean Haudry über den Zusammenhang zwischen Indoeuropäern und Germanen, vor allem was soziale Organisation und religiöse Vorstellungswelt betrifft. Ein Text, der sich inhaltlich an mehr als einem Punkt mit denen von Jean-Paul Allard über das wodanistische Königtum der Germanen und von Vincent Samson über Männerbünde und Kriegerekstase berührt. Ein weiterer Aufsatz von Samson behandelt noch den Namen der Germanen und einer von Claude Lecouteux die Figur Wielands des Schmieds, dessen Mythos auf sehr alte Überlieferungen zurückweist, die vielleicht bis an die Anfänge der Metallbearbeitung zurückreichen.

Wenn anfangs der sachliche Charakter des neuen Themenhefts von Nouvelle Ecole hervorgehoben wurde, so heißt das doch nicht, daß die Leser es hier mit wertfreier Wissenschaft zu tun haben. In seiner Einleitung weist Benoist darauf hin, daß es ihm darum gehe, die bis heute maßgebliche Vorstellung von der Verankerung Europas in griechischer, römischer und christlicher Tradition zu korrigieren und darauf hinzuweisen, daß unsere Geschichte ethnisch wie kulturell wesentlich geprägt wurde durch das Erbe der antiken Kelten, Balten, Slawen und: Germanen. Eine Idee, die auch der heute fast vergessene Volks- und Religionskundler Otto Huth teilte, dessen Beziehung zu Ludwig Klages Jens Grunwald eine Abhandlung widmet, während der französische Literaturwissenschaftler Emanuel Mickel die Frage nach dem anhaltenden Einfluß der Germanen auf unser Denken dahingehend beantwortet, daß wir ihnen vor allem eine spezifisch europäische Konzeption des Politischen verdanken: jede gute Ordnung beruht auf Gemeinschaftssinn, Machtkontrolle und Meinungsfreiheit, und im Fall der Dekadenz kann sie nur erneuert werden, indem man sich auf das gute Alte besinnt.

Kontakt: 242 boulevard Voltaire, 75011 Paris. Das Jahresheft kostet 30 Euro plus Porto.

www.revue-elements.com

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