© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/14 / 15. August 2014

Ausblick auf Eurabia
Ein Zukunftsroman über die letzten Menschen
Rainer Debus

Ähnlich der Dystopie des Franzosen Jean Raspail über den gesellschaftlichen Kollaps durch eine Masseneinwanderung von Armutsflüchtlingen aus Asien oder Afrika beschreibt Thomas Barthélemys düsterer Zukunftsroman „Von kommenden Stürmen“ das Ende des abendländischen Europa in der Zukunft.

Barthélemys Held Lukas vertraut 2066 seinem Tagebuch an, wie er gerade den Zusammenbruch der letzten „Homelands“ weißer Alteuropäer erlebt. Zu diesem Zeitpunkt gehört Wien bereits zum Machtbereich eines Emirats. Aus der Perspektive des 2525 schreibenden Herausgebers des bei Ausgrabungen in transilvanischen Katakomben geborgenen Lukas-Manuskripts ist die „Landnahme neuer Völkerschaften aus den endlosen Steppen Mauretaniens“, die immer neue Wellen von Krieg und Plünderung und Vertreibung gebracht hatte, seit langem abgeschlossen. Gegen Ende des 22. Jahrhunderts gab es in „Eurabia“ überhaupt keine Europäer im herkömmlichen Sinne mehr. Europas Städte werden von Millionen Deklassierter bevölkert, sind Brutstätten der Gewalt, ähnlich den verslumten Metropolen der südlichen Hemisphäre.

Im Rückblick des Herausgebers wie des Diaristen Lukas entwickelte sich der Untergang des Abendlandes mit Konsequenz aus der gegengeistigen Disposition einer Spätkultur, der es im Rahmen der EU „nur noch um Geld, Luxus und Genuß“ ging: „Sie verbrauchten mehr Ressourcen als alle Generationen vor ihnen. (...) Gleichzeitig verachteten sie die Taten ihrer Vorfahren und interessierten sich kaum für die Zukunft ihrer wenigen Kinder. So zerrissen sie die Kette der Generationen und wurden zu den unglücklichen ‘Letzten Menschen’“, wie sie Friedrich Nietzsche nannte.

Lukas, als „Mentor“ zur Kaste der „Psychotechniker und Volkspädagogen“ zählend, der aber zum Renegaten und schließlich zum Widerstandskämpfer, zum „magischen Krieger und ‘Psychonauten’“ wird, ist leider mit arg epigonaler Penetranz nach dem Muster von Ernst Jüngers „Waldgänger“ gestaltet. Politische Optionen für den Kampf gegen das Regime der Lemuren lassen sich aus diesem Partisanentum nicht gewinnen, so daß der Autor Lukas’ schließlich im Irrgarten einer exzessiv ausgesponnenen Jüngerschen Privatmythologie herumtaumeln läßt.

Thomas Barthélemy: Von kommenden Stürmen. Roman. Telesma-Verlag, Treuenbrietzen 2014, gebunden, 317 Seiten, 18,95 Euro

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