© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/14 / 22. August 2014

BND spioniert in der Türkei
Dienst ist Dienst
Michael Paulwitz

Staaten haben keine „Freunde“, sondern Interessen. Bismarcks Binsenweisheit ist offenbar noch immer nicht Allgemeingut. Sonst gäbe es weniger törichte Politikersätze wie Angela Merkels „Ausspähen unter Freunden geht gar nicht“, die man ihr jetzt wieder hämisch vorhält. Staaten setzen ihre Geheimdienste ein, um ihre Interessen zu wahren, auch gegen Staaten, mit denen sie in einem Zweckbündnis wie der Nato alliiert sind. Als westliche Vormacht und einstige Besatzungsmacht sitzen die Vereinigten Staaten am längeren Hebel. Dagegen hilft kein Lamentieren, sondern nur technische Aufrüstung. Wenn der BND Gespräche von US-Außenministern abhören kann, ist das immerhin ein Indiz, daß er in der Lage ist, seine Arbeit zu machen. Peinlich daran ist allenfalls, wenn man sich dabei erwischen läßt – das gilt für alle Seiten.

Genausowenig wie Amerika ist die Türkei unser „Freund“. Die rücksichtslose Einmischung in die deutsche Politik über instrumentalisierte Landsleute und ferngesteuerte Lobbyverbände, ihr Zündeln im syrischen Bürgerkrieg und ihre Protektion sunnitischer Islam-Extremisten machen die Türkei sogar zwingend zum Aufklärungsziel des deutschen Auslandsnachrichtendienstes. Statt fruchtlos über die Arbeit des BND zu moralisieren, sollten wir uns lieber fragen, ob die Politik aus seinen Erkenntnissen auch die richtigen Schlüsse zieht.

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